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sustainable development

(deutsch: nachhaltige Entwicklung ) (A)  ist ein gesellschaftspolitisches Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung und für das nachhaltige Wirt­schaften, wonach sich einerseits die Lebenschancen zukünftiger Generationen nicht gegenüber den Möglichkeiten der derzeitigen Generation verschlechtern dürfen (intergenerative Gerechtigkeit) und wonach sich andererseits ein Wohlstandsausgleich zwischen armen und reichen Ländern einstellen soll (intragenerative Gerechtigkeit). Siehe auch nachhaltige Entwicklung (auch als zukunftsfähige Ent­wicklung bezeichnet) und   Corporate Citizenship.
(B)  siehe   nachhaltige Entwicklung und   Corporate Citizenship.

Sustainable Development

1. Einführung
Sustainable Development stellt ab auf die Sicherung der Lebens- und Produktionsgrundlagen im Sinne eines globalen und dauerhaften Erhalts derUmwelt sowie auf die Entwicklung und Stabilisierung des Wirtschafts- und Sozialverhaltens. Der Begriff „Sustainable Development“ ist durch den Bericht „Our Common Future“ der UN-Kommission für Umwelt und Entwicklung (World Commission for Environment and Development, WCED, 1987), die nach ihrer Vorsitzenden auch Brundtland-Kommission genannt wird, in die breite Öffentlichkeit hineingetragen worden. Gro Harlem Brundtland war norwegische Umweltministerin und später auch Ministerpräsidentin. Der Bericht der Brundtland-Komrnission postuliert die Vereinbarkeit der drei Ziele wirtschaftliche Entwicklung, wirtschaftliches Wachstum und Erhaltung der Umweltbedingungen. Synonym wird im Brundtland-Bericht auch der Begriff des „Sustainable Growth“ verwendet, welcher die dortige starke Betonung des technischen Fortschritts als Instrument zur Zielerreichung heraushebt. So geht es der Brundtland-Kommission nicht um das Ende des wirtschaftlichen Wachstums, sondern darum anzuerkennen, daß die Probleme von Armut und Unterentwicklung nur in einer Ära des Wachstums gelöst werden können. In dieser spielen die Entwicklungsländer eine entscheidende Rolle und müssen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung Erfolge erzielen.

Wirtschaftliches Wachstum in den Industrieländern wird dabei als Voraussetzung einer wirtschaftlichen Entwicklung in den sich entwickelnden Ländern postuliert und dient dem Ziel der intragenerationellen Gerechtigkeit. Sustainable Development erfordert nach dem Brundtland-Bericht darüber hinaus die Befriedigung der Bedürfnisse der Gegenwart, ohne zu riskieren, daß zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können (Hauff 1987, Supply-Chain-Management 46). Neben der intragenerationellen Gerechtigkeit verlangt Sustainable Development auch die Berücksichtigung nachfolgender Generationen und damit nach intergenerationeller Gerechtigkeit. Dieses soll dadurch ermöglicht werden, daß wirtschaftliche Wachstumsraten dann eine dauerhaft umweltgerechte Entwicklung erlauben, wenn die ökonomischen Aktivitäten zunehmend weniger material- und energieintensiv vonstatten gehen. Inzwischen haben sich die Bedeutungen der Begriffe Sustainable Development und Sustainable Growth verschoben. Sustainable Growth, im Sinne wirtschaftlichen Wachstums, wird allein auf quantitative Größen wie das Inlandsprodukt oder das Volkseinkommen bezogen. Sustainable Development hingegen wird umfangreicher definiert und berücksichtigt neben den quantitativen vermehrt auch qualitative Aspekte. Während im Brundtland-Bericht der anthropozentrische Ansatz, der besonders den Aspekt wirtschaftlichen Wachstums hervorhebt, sehr stark betont wird, wird „Sustainable Development“ in einem umfassenderen Sinne verstanden. Dies läßt sich auch an der Entwicklung der Übersetzung dieses Ausdruckes in das Deutsche nachverfolgen. Wurde zuerst von einer „dauerhaften Entwicklung“ gesprochen, so bildeten sich dann Übersetzungen wie „zukunftsfähige“ oder „tragfähige“ Entwicklung. Der -Sachverständigenrat für Umweltfragen spricht in seinem Umweltgutachten von 1994 von einer dauerhaft-umweltgerechten Entwicklung“. Weiterhin finden sich vor allem die Begriffe „nachhaltige Entwicklung“ oder auch nur „Nachhaltigkeit“.

Der Terminus „Nachhaltigkeit“ wird im deutschen Sprachgebrauch bereits seit langem verwendet. Mit ihm wird spätestens seit Ende des 18. Jahrhunderts in der Forstwirtschaft der Grundsatz bezeichnet, natürliche Ressourcen in der Weise zu nutzen, daß ihre langfristige Erhaltung und Nutzbarkeit durch spätere Generationen gewährleistet ist. Nachhaltigkeit steht hiernach für das ökologische Erfordernis, nicht mehr Holz zu entnehmen als nachwächst, so daß die Ressourcen dauerhaft erhalten bleiben. Eine entsprechende Bedeutung kommt Nachhaltigkeit in den Zielformulierangen des Bundeswaldgesetzes von 1975 und des Bundesnaturschutzgesetzes aus dem Jahre 1987 zu. Im Wortsinne und außerhalb der fachsprachlichen Verwendung jedoch gilt „nachhaltig“ vielfach als Synonym für Begriffe wie „einschneidend“, „wirksam“, „anhaltend“ etc., so daß mit ihnen gänzlich andere Formen der Bewirtschaftung in Verbindung gebracht werden könnten. „Sustainability“ oder „Nachhaltigkeit“ berücksichtigt in einer umfassenderen Sichtweise die Integration ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit, wie sie im Aktionsprogramm -Agenda 21, das auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 verabschiedet wurde, erstmals formuliert worden ist:

* Ökologische Nachhaltigkeit:
Ziel der ökologischen Nachhaltigkeit ist die Erhaltung des ökologischen Systems. Das ökologische System bildet die Lebensgrundlage (life Support system) aller irdischen Aktivitäten. Es dient darüber hinaus als Aufnahmemedium anthropogener Emissionen und als Quelle natürlicher Ressourcen, die den Menschen direkt oder indirekt Nutzen stiften.

* Ökonomische Nachhaltigkeit:
Ziel ökonomischer Nachhaltigkeit ist analog die Erhaltung des ökonomischen Kapitalstocks. In diesem Kontext wird regelmäßig die Einkommenskonzeption des britischen Ökonomen J. R. Hicks herangezogen. Für ein Individuum ist das Einkommen genau die Summe, die maximal konsumiert werden kann, ohne den zukünftigen realen Konsum zu schmälern. In der Übertragung auf den gesellschaftlichen Kontext wird als Einkommen nur das bezeichnet, was von einer Gesellschaft in einer Periode konsumiert werden kann, ohne daß ihre Vermögensposition verschlechtert wird.

* Soziale Nachhaltigkeit:
Zusätzlich zu der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit findet sich die Forderung nach der sozialen Nachhaltigkeit und damit nach dem Erhalt des sozialen Kapitals. Allerdings sind die Vorstellungen von dem, was unter sozialem Kapital zu verstehen ist, häufig sehr vage. Die Frage nach der sozialen Nachhaltigkeit bezieht sich zum einen auf das Problem, inwieweit Entwicklungen in den Bereichen der Ökologie und der Ökonomie das soziale Gefüge einer Gesellschaft verändern. Zum anderen betrifft dies Fragen nach den sozialen Normen einer Gesellschaft, der Chancengleichheit etc. Obwohl diese Aspekte für die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft von zentraler Bedeutung sind, wird der Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit aufgrund seiner mangelnden Operationalisierbarkeit meist wenig oder gar nicht in der umweltökonomischen Diskussion zu Sustainable Development berücksichtigt.

Somit läßt sich Sustainable Development als eine Entwicklungs- und Wachstumsstrategie auffassen, die die drei genannten „Nachhaltigkeiten“ integriert und die Frage der intragenerationellen Gerechtigkeit der der intergenerationellen Gerechtigkeit nicht unterordnet. Hinsichtlich der Form der Operationalisierung lassen sich mehrere Konzepte der ökonomischen und ökologischen Dimensionen von Nachhaltigkeit unterscheiden.

2. Konzepte ökologischer und ökonomischer Nachhaltigkeit
Als gemeinsamer Ausgangspunkt zur Operationalisierung dienen naturwissenschaftlich-ökologische Erkenntnisse, aufgrund derer versucht wird, Handlungsanweisungen für den Umgang mit regenerativen und nichtregenerativen natürlichen Ressourcen sowie allen weiteren Funktionen, die von der Ökosphäre für das ökonomische System wahrgenommen werden, zu finden. Solche Funktionen liegen in der Aufnahme bzw. Assimilation von Stoffeinträgen, in der Sicherung allgemeiner Ökosystemfunktionen sowie der unmittelbaren Beeinflussung menschlichen Wohlbefindens. Zusammenfassend wird vom „natürlichen Kapital“ (natural capital) gesprochen, welches abgegrenzt wird vom durch Menschen geschaffenen Sachkapital (man made capital). Konzepte der Nachhaltigkeit unterscheiden sich nun gravierend in der Einschätzung, inwieweit die Substitution natürlichen Kapitals durch Sachkapital möglich ist. Zwei polare Positionen werden insbesondere diskutiert:

Die optimistische Sichtweise der „schwachen“ Nachhaltigkeit (weak sustainability) unterstellt, daß für nahezu alle Funktionen des natürliches Kapitals eine Substitution durch andere Kapitalarten möglich sei. Substitutionsprozesse werden hier zugelassen, sofern das vorhandene Kapital insgesamt erhalten bleibt. Das Hickssche Einkommenskonzept findet demnach nicht getrennt für einzelne Kapitalarten, sondern für den aggregierten Kapitalstock Anwendung, da Rückgänge im Bestand des natürlichen Kapitals kompensiert werden können durch Aufstockungen anderer Bestände. Im neoklassisch orientierten Zweig der Ökonomik wird ebenfalls regelmäßig von weitgehenden Substitutionsmöglichkeiten ausgegangen, so daß zu dem Konzept schwacher Nachhaltigkeit enge Verbindungen bestehen.

Gemäß der eher pessimistischen Sicht ist die Substituierbarkeit von natürlichem Kapital durch andere Kapitalarten keineswegs gegeben. Vielmehr geht die Konzeption der „starken“ Nachhaltigkeit (strong sustainability) von der These aus, intergenerationelle Gerechtigkeit erfordere, daß die Bestände verschiedener Kapitalarten unabhängig voneinander in biologischen bzw. physikalischen Maßstäben erhalten bleiben. Dies gilt in besonderem Maße für das natürliche Kapital. Zwei Begründungen für diesen Standpunkt werden vornehmlich genannt: Argumentiert wird erstens, das natürliche Kapital und Sachkapital stünden in Produktions-und Konsumprozessen regelmäßig in einem komplementären Verhältnis, da beispielsweise Fischerboote ohne Fische nutzlos seien. Entnahmen aus dem natürlichen Kapitalstock stellen demnach häufig essentielle Produktionsfaktoren dar. Die zweite Begründung beruht auf der Befürwortung von natürlicher Integrität, wodurch dem natürlichen Kapital bzw. dessen Komponenten ein hoher Eigenwert (rights in nature) einräumt wird. Für eine Position sehr starker Nachhaltigkeit würde demnach folgen, jede Komponente und jedes Subsystem in seinem physischen Bestand zu bewahren. Allerdings erscheint dies unmöglich, zumal unaufhörlich Veränderungen innerhalb des ökologischen Systems stattfinden.

Zur Umsetzung des Konzepts einer starken Nachhaltigkeit entwickelten ihre Vertreter, z. B.H.E. Daly, D.W. Pearce und R.K. Turner, drei sogenannte Managementregeln, mit Hilfe derer eine dauerhafte Konstanz des natürlichen Kapitalstocks gewährleistet werden soll. Diese Managementregeln finden weithin - im politischen Raum insbesondere durch die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Schutz des Menschen und der Umwelt“ - Beachtung.

Sie besagen:
1. Für regenerative -natürliche Ressourcen soll die Abbaurate nicht deren -Regenerationsrate überschreiten. M it dieser Grundregel soll der Forderung nach Aufrechterhaltung der ökologischen Leistungsfähigkeit dieses Teils des natürlichen Kapitals entsprochen werden. Allerdings läßt sie noch die Frage offen, auf welchem Bestandsniveau derartige Ressourcen bewirtschaftet werden sollen. Theoretisch sind unendlich viele Lösungen möglich, die aber unterschiedliche Eigenschaften hinsichtlich der Systemstabilität aufweisen. Weiter bestehen vielfach Interdependenzen zwischen verschiedenen Spezies der regenerativen natürlichen Ressourcen. Ist dies der Fall, greift eine isolierte Bewirtschaftung zu kurz.

Stoffeinträge in ein Umweltmedium sollen höchstens seiner Assimilationsfähigkeit entsprechen, so daß keine Gefährdung seiner Funktionen resultiert. Für die Umsetzungsebene wird vorgeschlagen, kritische Eintragsraten (critical loads) von Schadstoffen und für gasförmige Schadstoffe kritische Schwellenwerte (critical levels) festzulegen. Zu beachten ist, daß die Form der Nutzung natürlicher Ressourcen aufgrund des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik, dem Massen- und Energieerhaltungsgesetz, letztendlich zugleich die Höhe der Stoffeinträge in das ökologische System determiniert.

Da jede Nutzung nicht-regenerativer Ressourcen aufgrund des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik, dem Entropiegesetz, in letzter Konsequenz den verfügbaren Bestand verringert, wird für diese Kategorie eine Regel zur „quasi-nachhaltigen“ Nutzung propagiert: Nicht-regenerative Ressourcen sollen nur in dem Umfang genutzt werden, in dem ein physisch und funktionell gleichwertiger Ersatz in Form regenerativer Ressourcen oder einer höheren Produktivität natürlicher Ressourcen in ihrer Nutzung gewährleistet ist. Erschöpfbare Ressourcen müssen so genutzt werden, daß zwar ein Teil ihres Ertrages konsumiert werden darf, ein anderer Teil aber in den Anbau regenerativer Ressourcen, welche die er-schöpfbare Ressourcen ersetzen sollen, investiert wird. Der ökonomische Ertrag aus der Nutzung dieser regenerativen Ressource muß dann, wenn die er-schöpfbare Ressource aufgebraucht worden ist, deren Konsumanteil am Ertrag dauerhaft ersetzen können. Dieser Einkommensanteil aus der er-schöpfbaren Ressource, der in den Konsum geht, kann somit zu einem dauerhaften Konsumstrom werden, indem er durch den Konsumstrom aus der regenerativen Ressource ersetzt wird. Die Erhöhung der technischen Effizienz wird für die Realisation eine „quasi-nachhaltigen“ Nutzung als wichtigstes Mittel herausgehoben, um einerseits Zeit für den Übergang zu regenerativen Ressourcen zu gewinnen, andererseits nicht-regenerative Ressourcen stärker zu schonen.

Während Konzepte schwacher Nachhaltigkeit eindeutig auf einer anthropozentrischen Sichtweise beruhen, sind solche starker Nachhaltigkeit eher einer ökozentrischen Sichtweise zuzuschreiben. Allerdings wird zumeist durchaus zugestanden, daß der Erhalt natürlichen Kapitals letztlich dem Erhalt der Funktionen des natürlichen Kapitals dient, so daß der Gegensatz der beiden Positionen abgeschwächt wird. Ebenfalls existieren Konzepte schwacher Nachhaltigkeit, in denen als Restriktion die Nichtunterschreitung bestimmter natürlicher Bestände eingeht. Grenzen dieser Art werden als „safe minimum standards“ bezeichnet, wenn neben den Schwellenwerten auch Sicherheitselemente vorhanden sind, die bei versehentlichen oder zufälligen Pfadabweichungen verhindern, daß die ökologische Nachhaltigkeit hierdurch sofort gefährdet wird.

In den Konzepten zur Nachhaltigkeit bleibt die entwicklungspolitische Komponente von Sustainable Development im Hintergrund. Für ihre Präzisierung bedarf es im Rahmen der Managementregeln eines ökonomischen Optimierungskalküls. Erst hieraus sind konkrete Handlungsansätze für die langfristige Entwicklung von Volkswirtschaften oder Teilen solcher sowie für den Umgang mit dem natürlichen Kapital ableitbar. Hierfür wird meist das Instrumentarium der neoklassischen Wachstumstheorie herangezogen.

3. Neoklassische Wachstumstheorie mit erschöpfbaren Ressourcen
Anfänglich fanden natürliche Ressourcen in der mit den Namen R. M. Solow und T. W. Swan verbundenen neoklassischen Wachstumstheorie noch keine Berücksichtigung. In ihrem Mittelpunkt steht eine linear-homogene Produktionsfunktion, bei der die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital kontinuierlich substituierbar sind. Ihre Kernaussagen sind, daß ohne technischen Fortschritt im langfristigen Gleichgewicht kein Wachstum des Pro-Kopf-Konsums stattfindet, während technischer Fortschritt eine dauerhafte Steigerung des Pro-KopfKonsums möglich werden läßt. Da sich in diesem Grundmodell neoklassischer Wachstumstheorie das Produktions- und das Konsumniveau im steady state aus dem Zusammenspiel der gesellschaftlichen Sparquote und der Rate der Bevölkerungszunahme bestimmen, drängt sich die Frage auf, wie hoch die Spar- bzw. Akkumulationsquote des Kapitals sein muß, um dauerhaft einen maximalen Pro-Kopf-Konsum zu gewährleisten. Die Antwort hierauf wird mit der „Goldenen Regel der Kapitalakkumulation“ gegeben. Damit diese erfüllt ist, muß die Grenzproduktivität des Kapitals der exogenen Wachstumsrate der Bevölkerung entsprechen. Die zugehörige Sparquote ist gleich der partiellen Produktionselastizität des Kapitals. Es muß demnach genau das Kapitaleinkommen gespart werden, während das Arbeitseinkommen konsumiert werden kann.

Mit der im Auftrag des „Club of Rome” angefertigten Studie von Meadows aus dem Jahr 1972 wurden mögliche „Grenzen des Wachstums” - so der Titel der Studie - thematisiert. Im Gegensatz zu der eher optimistischen Sichtweise des Brundtland-Berichtes sieht der „Club of Rome“ das Ende wirtschaftlichen Wachstums kommen, bedingt durch die Übernutzung der -Umweltmedien und dem vermeintlich nahenden Ende der Verfügbarkeit essentieller er-schöpfbarer natürlicher Rohstoffvorkommen. Hierdurch inspirierte frühe Arbeiten neoklassischer Wachstumstheorie berücksichtigten nicht-regenerative natürliche Ressourcen und modellieren Sustainable Development implizit als über die Zeitachse nicht abnehmenden Konsumstrom. Ein solcher Konsumpfad kann hiernach erreicht werden, sofern der Kapitalstock insgesamt nicht abnimmt, was wiederum gewährleistet wird, wenn alle Renten aus der Extraktion der nichtregenerativen Ressource in den Sachkapitalstock investiert werden. Diese Renten ergeben sich aus der Befolgung der HotellingRegel, nach welcher aus Sicht eines Ressourceneigners eine in endlicher Menge vorhandene nicht-regenerative Ressource dann effizient genutzt wird, wenn ihr Preis zusätzlich zu den Extraktionskosten eine Knappheitskomponente beinhaltet, welche die „Verzinsung“ im Stock verbleibender Ressource zum Marktzinssatz widerspiegelt. Diese Regel zum Aufbau des Sachkapitalstocks bei abnehmendem Ressourcenvorrat wird als Hartwick-Regel bezeichnet. Die Erreichbarkeit eines nicht abnehmenden Konsumniveaus über Befolgung der Hartwick-Regel hängt jedoch entscheidend an der Annahme, die aggregierte Produktionsfunktion sei vom Typ Cobb-Douglas. Bei einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion ist die natürliche Ressource, welche hier neben Arbeit und Kapital als dritter Produktionsfaktor fungiert, für die Produktion essentiell. Um einen positiven Output zu erzielen, muß sie stets eingesetzt werden. Allerdings ist das Durchschnittsprodukt der natürlichen Ressource nicht limitiert, es geht mit immer geringer werdender Einsatzmenge der natürlichen Ressource gegen unendlich. Sachkapital und natürliche Ressourcen stellen also vollständige Substitute dar, die Substitutionselastizität einer Cobb-Douglas-Produktionsfunktion ist gleich minus eins. Dies bedeutet, daß bei Substitution von Ressource durch Sachkapital die relative Änderung der Kapitalintensität stets der relativen Änderung der Grenzrate der Substitution ist, woraus bei Entlohnung der Faktoren zu ihrem Grenzprodukt folgt, daß bei einer Veränderung der relativen Faktorpreise die Einkommensanteile der Faktorpreise unverändert bleiben. Um ein positives Konsumniveau dauerhaft zu halten, muß dann der Einkommensanteil der Ressource investiert werden.

Die Kritik an diesem Ansatz gilt insbesondere drei Aspekten. Erstens ist zu bemängeln, daß natürliche Ressourcen nicht bloß Inputs für Produktionsprozesse darstellen, sondern auch direkt Nutzen stiften können. In diesem Fall würde ein nicht abnehmendes Konsumniveau nicht mehr einer nicht abnehmenden Wohlfahrt entsprechen. Zweitens ist darauf hinzuweisen, daß insbesondere Energieressourcen nicht so problemlos zu substituieren sind wie dies mit einer Cobb-DouglasProduktionsfunktion unterstellt wird. Ein dauerhaft positives Konsumniveau ist dann nicht mehr erreichbar. Zwar wurde eine Verallgemeinerung der Hartwick-Regel für bestimmte CES-Produktionsfunktionen vorgenommen, doch müßte hier die Substiutionselastizität sogar kleiner als minus eins sein. Die Begrenztheit natürlicher Ressourcen wird damit allerdings irrelevant - Produktion kann ohne natürliche Ressourcen stattfinden. Drittens wird gemäß des Konzeptes starker Nachhaltigkeit eingewendet, daß Sachkapital und natürliche Ressourcen bzw. natürliches Kapital oftmals komplementär zueinander seien.

Wird im Konzept schwacher Nachhaltigkeit intergenerationelle Gerechtigkeit ausschließlich mit einem dauerhaft nicht abnehmenden Konsumstrom gleichgesetzt, so ist Nachhaltigkeit nichts anderes als ein anderer Ausdruck für das Befolgen der Hartwick-Regel. Das Ziel, eine gleichmäßige Verteilung der Konsummöglichkeiten über die Zeitachse zu erreichen, kann über die „Theorie der Gerechtigkeit“ von J. Rawls begründet werden. Hiernach wird derjenige Konsumpfad gesucht, für den das Konsumniveau der am schlechtesten gestellten Generation maximiert wird. Bei dem zugehörigen MaximinKriterium werden alle erreichbaren Konsumpfade in Hinblick auf das Konsumniveau der am schlechtesten Generation verglichen, um dann den Pfad mit dem höchsten Mindestniveau auszuwählen. Dies Vorgehen führt zu einem für alle Generationen gleich hohen Konsumniveau. Problematisch ist indes, daß der unterstellte „Schleier der Unwissenheit“ nicht gegeben ist, das Konsumniveau der heutigen Generation also bereits festgelegt ist. Angewendet auf ökonomisch wenig entwickelte Volkswirtschaften, müßte deren Konsumniveau für alle Zeit auf dem heute niedrigen Pro-KopfKonsumniveau verharren. Dies mag erklären, warum Rawls selbst vor einer Anwendung des Maximin-Kriteriums auf das Problem intergenerationeller Gerechtigkeit zurückschreckt. Das Maximin-Kriterium ist natürlich auch nicht identisch mit dem ParetoKriterium, was zumeist am Beispiel er-schöpfbarer Ressourcen, die direkt konsumiert werden, verdeutlicht wird: Über einen unendlich langen Zeitraum folgt aus der Anwendung des Rawls-Kriteriums, daß zu keiner Zeit die Ressource genutzt wird, womit das Pareto-Kriterium nicht erfüllt ist, weil ja wenigstens eine Generation durch Nutzung besser gestellt werden könnte.

4. Optimales Wachstum und „Grün-Goldene Regel der Kapitalakkumulation“
Wird anstelle des Rawls-Kriteriums eine utilitaristische Zielfunktion zugrunde gelegt, resultieren gänzlich andere Konsumpfade. Bei Verwendung einer utilitaristischen Zielfunktion wird angenommen, die Wohlfahrt verschiedener Generationen könne verglichen und aufsummiert werden. Der Entwicklungspfad, der diese Summe maximiert, wird als optimal angesehen. Dabei wird üblicherweise der Gegenwartswert des Konsums verwendet, bei dem zukünftige Konsummöglichkeiten meist geringer gewichtet werden als gegenwärtige. Dies geschieht über eine nicht-negative (exogen gegebene) Zeitpräferenzrate, mit der spätere Konsummöglichkeiten diskontiert werden. Zentrales Ergebnis der Theorie optimalen Wachstums ist nun die Ramsey-Regel, welche in Abhängigkeit der Grenznutzenelastizität des Konsums, der Bevölkerungswachstumsrate und der Zeitpräferenzrate den Entwicklungspfad für den Pro-Kopf-Konsum charakterisiert. Im Vergleich zum dauerhaften Konsumniveau bei Anwendung der „Goldenen Regel der Kapitalakkumulation“ liegt das Konsumniveau im Steady-State umso niedriger, je höher die Zeitpräferenzrate gewählt wird. Werden nicht-regenerative natürlicher Ressourcen als Produktionsfaktoren berücksichtigt, führen utilitaristische Zielfunktionen mit positiver Zeitpräferenz-rate auf Pfade, bei denen langfristig das Konsumniveau gegen null strebt. Dabei sind für optimale Konsumpfade sowohl die Hotelling- als auch die Ramsey-Regel erfüllt. Technischer Fortschritt kann den Konsumrückgang abmildern, jedoch nicht gänzlich verhindern.

Der Nachteil utilitaristischer Optimierungskalküle, bei positiver Zeitpräferenzrate auf Entwicklungspfade zu führen, die dauerhaft kein gleichbleibendes oder wenigstens positives Konsumniveau beinhalten, ist vor dem Hintergrund intergenerationeller Gerechtigkeitsvorstellungen evident. Hohe Zeitpräferenzraten werden insbesondere als problematisch erachtet, wenn Umwelteingriffe sehr langfristige oder gar irreversible Auswirkungen haben, wie dies beim anthropogenen Treibhauseffekt oder der Reduzierung der Artenvielfalt der Fall ist. Zusammenfassend wird gegen eine positive Zeitpräferenzrate eingewendet, sie sei Ausdruck von Mangel an Vorstellungskraft und führe zu einer Verlagerung von Kosten auf später lebende Generationen, die ethisch nicht zu rechtfertigen sei. Das einfachste Gegenargument lautet hierzu, daß die Welt mit einer zwar geringen, aber positiven Wahrscheinlichkeit Ereignissen ausgesetzt sei, die ihren Fortbestand gefährden, was eine Diskontierung rechtfertige. Darüber hinaus erscheint es naheliegend, als Zeitpräferenzrate den Marktzinssatz heranzuziehen, mit dem intertemporale Spar- und Investitionsentscheidungen koordiniert werden.

Mit der Absicht, der Wohlfahrt in weiter Zukunft lebender Generationen ein höheres Gewicht einzuräumen, schlägt deshalb unter anderem G. M. Heal (1998) eine alternative Zielfunktion vor. Diese Zielfunktion enthält den Bestand des natürlichen Kapitals, um dessen intrinsischen Wert zu berücksichtigen, und folgt außerdem einem von Graciela Chichilnisky vorgestellten Kriterium. Das Chichilnisky-Kriterium besteht aus zwei gewichteten Summanden, die aus den Axiomen resultieren, daß weder gegenwärtige Generationen gegenüber zukünftigen noch umgekehrt zukünftige gegenüber heutigen unumschränkt bevorzugt werden sollen. Der erste Summand entspricht der üblichen neoklassischen Vorgehensweise und wird als diskontiertes Nuztenintegral für eine unendliche Anzahl von Generationen ermittelt. Der zweite Summand spiegelt dagegen die sehr langfristigen Eigenschaften von Entwicklungspfaden wider. Nachhaltige Pfade müssen dann erstens typische Optimalitätskriterien wie die Ramsey- und die Hotelling-Regel erfüllen, das heißt eine Verlagerung von Konsum einer Periode in eine andere darf nicht zu einem Anstieg des Wertes des diskontierten Nutzenintegrals führen. Zweitens muß der Entwicklungspfad ausgewählt werden, der - bei gegebenen Anfangsbedingungen und Umweltrestriktionen - das höchste auf unendlich lange Zeit aufrechtzuerhaltende Wohlfahrtsniveau verspricht. Dies wird als Verallgemeinerung der „Goldenen Regel der Kapitalakkumulation“ verstanden und als „Grün-goldene Regel“ markiert. Für verschiedene Elemente des natürlichen Kapitals führt die Verwendung des Chichilnisky-Kriteriums und die Aufnahme des Bestands natürlichen Kapitals in die Zielfunktion zu seiner stärkeren Bewahrung. Dies gilt sowohl gegenüber rein utilitaristischen Zielfunktionen als auch gegenüber solchen, die zusätzlich das natürliche Kapital selbst beinhalten. Das Problem, bei er-schöpfbaren Ressourcen als Produktionsfaktoren für alle Zeiten ein positives Konsumniveau zu garantieren, stellt sich in gleicher Weise wie bei den obigen Modellen. Zwar mag das in formaler Hinsicht sehr anspruchsvolle Chichilnisky-Kriterium in Bezug auf den Aspekt der intergenerationellen Gerechtigkeit konsensfähig sein, doch ist die Gewichtung der Elemente in der Zielfunktion ungeklärt. Egal, welche Zielfunktion derartigen Überlegungen zugrunde gelegt wird, bleibt die Frage nach ihrer Operationalisierbarkeit offen.

Insgesamt sind Pfade nachhaltiger Entwicklung somit nur unter restriktiven Voraussetzungen ableitbar. Hierfür notwendige Produktionstechnologien stehen im Widerspruch zu naturgesetzlichen Zusammenhängen. Daher bedarf es mutmaßlich der Substitution erschöpfbarer natürlicher Ressourcen entweder durch eine sogenannte Backstop-Technologie oder aber durch regenerative natürliche Ressourcen.

5. Bewirtschaftung regenerativer Ressourcen und die Nutzung der Assimilationskapazität von Umweltmedien
Unter regenerativen natürlichen Ressourcen werden jene Ressourcen verstanden, deren Bestand sich ohne anthropogenen Einfluß entsprechend einer Regenerationsfunktion im Zeitablauf ändert. Hierzu zählen Fischbestände, wild lebende Tiere und Bäume. Landwirtschaftliche Erzeugnisse, Aquakulturen und Fischfarmen werden nicht zu den regenerativen natürlichen Ressourcen gezählt. Als regenerative Ressource kann auch die Umwelt in ihrer Funktion als Aufnahmemedium für anthropogene Einträge aufgefaßt werden. Die nachhaltige Nutzung regenerativer natürlicher Ressourcen scheint auf den ersten Blick eindeutig und dem Konzept starker Nachhaltigkeit entsprechend durchführbar zu sein. Regenerative natürliche Ressourcen können entsprechend ihrer Regenerationsrate dauerhaft genutzt werden. Für eine nachhaltige Nutzung lassen sich somit zwei einfache Regeln ableiten: Erstens müssen die Nutzungs- bzw. Ernteraten den Regenerationsraten der natürlichen Ressource entsprechen. Zweitens darf die Aufnahme anthropogener Stoffeinträge durch die Umwelt deren Assimilationskapazität nicht überschreiten. Die Herleitung konkreter Bewirtschaftungsregeln für regenerative Ressourcen sowie die Umweltfunktionen hat in der ökonomischen Theorie eine lange Tradition, beginnend mit den Arbeiten zur nachhaltigen Forstwirtschaft und zur Fischereiwirtschaft.

Das Konzept des dauerhaften Ernteertrags ist in den fünfziger Jahren von dem amerikanischen Meeresbiologen M. B. Schaefer für die Nutzung von Fischbeständen beschrieben worden. Demnach kann dauerhaft jede Menge geerntet werden, die der Regenerationsrate entspricht, wobei dies jeweils unterschiedliche Ressourcenbestände impliziert. Der maximale dauerhafte Ertrag, der sich bei einer logistischen Regenerationsfunktion ermitteln läßt, ist jedoch typischerweise nicht ökonomisch effizient. Da die ökonomisch effiziente Nutzung, unter Beachtung von Mindestbestandsgrößen, auch auf der Regenerationsfunktion liegt, gefährdet dies nicht das Kriterium der Nachhaltigkeit. Das Konzept der dauerhaften Ressourcennutzung, wie von Schaefer skizziert, läßt sich jedoch nur auf Ein-Spezies-Systeme bei konstanten und gegebenen Umweltbedingungen anwenden. Es bleibt unberücksichtigt, daß regenerative Ressourcen meist in einem komplexen System von Räuber-Beute-Beziehungen eingebunden sind. Ebenfalls wird die Tatsache ignoriert, daß sich die Umweltbedingungen durch anthropogene Einträge verändern. So führen menschliche Eingriffe wie die Emission von Schadstoffen zu einer Veränderung der Umweltbedingungen, die ihrerseits zu einer Veränderung der Regenerationsfunktion führt. Bedingt durch diese Komplexität des ökologischen Systems läßt sich keine einfache Nutzungsregel mehr ableiten. Zudem verläuft das ökologische System keineswegs linear und deterministisch, sondern ist durch nicht-lineare und stochastische Prozesse gekennzeichnet. Damit gewinnt das Vorsichtsmotiv eine stärkere Bedeutung. Ressourcenbestände und die Assimilationsfähigkeit der Umwelt als Aufnahmemedium von Schadstoffen müssen in einem geringeren Maße genutzt werden, als dies gemäß der traditionellen Theorie der Nutzung regenerativer Ressourcen notwendig ist. Natürliche Ressourcen, auch wenn sie aus heutiger Sicht keinen ökonomischen Nutzen stiften, haben einen Optionswert, der angibt, über welchen Wert die Ressourcen zukünftig verfügen könnte. Die oben benannten ersten beiden Managementregeln greifen daher zu kurz. Stattdessen müssen zusätzlich ökologische Schranken beachtet werden, womit Konzepte starker Nachhaltigkeit an Gewicht gewinnen. Dieses Anliegen wird auch von der „ökologischen Ökonomie“ geteilt, welche sich als Gegenpart zur neoklassischen Sichtweise versteht.

6. Ökologische Ökonomie

Die Vertreter der „ökologischen Ökonomie“, wie der Amerikaner H. E. Daly, stellen die Restriktionen des ökologischen Systems besonders stark in den Vordergrund. Zu diesen gehören die entropische Degradation, Irreversibilitäten und vor allem Substitutionsschranken. Der wohlfahrtstheoretische Ansatz in der neoklassischen Tradition, der sich allein auf das ökonomische Allokationsproblem einer nachhaltigen Entwicklung konzentriert, wird daher als zu eng angesehen. Die vorgelagerten ökologischen und auch sozialen Probleme werden in diesem Ansatz nahezu vollkommen ausgeblendet, müßten aber vollständig berücksichtigt werden. Während die traditionelle Wirtschaftswissenschaft die Substituierbarkeit innerhalb und zwischen den Sachkapital- und natürlichen Kapitalstöcken hervorhebt, sehen die Vertreter der „ökologischen Ökonomie“ eine Substitution nur sehr beschränkt als Lösungsmöglichkeit an. Da aus ihrer Sicht die Umweltfunktionen derzeit übernutzt sind, die Kapitalstöcke überwiegend komplementär zueinander sind, ist eine dauerhafte Entwicklung nur möglich, wenn das ökonomische Wachstum rückläufig ist. Soll die intragenerationelle Gerechtigkeit berücksichtigt werden, so ist neben dem ökonomischen Wachstumsrückgang auch ein Umverteilungsprozeß hin zu den sich entwikkelnden Ländern vonnöten. Betont wird allerdings, daß ökonomisches Wachstum nicht mit Wohlfahrt gleichgesetzt werden darf. Neben den drei bereits vorgestellten Managementregeln leitet Daly eine vierte ab: Das Niveau der ökonomischen Aktivitäten (scale), gemessen als Produkt aus Bevölkerung und Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch in einer Region, soll so bernessen sein, daß der Kapitalstock nicht reduziert wird. Aus dieser Regel folgt, daß neben der Reduktion des Bevölkerungswachstums in den sich entwikkelnden Ländern auch eine Umverteilung des Wohlstandes zugunsten dieser Länder und zu Lasten der industrialisierten Länder notwendig ist, sofern intragenerationelle Gerechtigkeit realisiert werden soll. Für Daly haben vor allem die industrialisierten Staaten ihr optimales Niveau bereits überschritten, so daß aus „Wirtschaftswachstum“ ein „Anti-Wirtschaftswachstum“ werden muß. Aufgrund der komplexen ökologischen Zusammenhänge und der Komplementaritätseigenschaft von Sach- und natürlichem Kapital fordern die „ökologischen Ökonomen“ ein besonders hohes Maß an Vorsichtskalkülen, damit die Restriktionen, die das ökologische System setzt, auch beachtet werden (Ökologische Ökonomie).


7. Evolutionäre Ökonomie

Während in der Neoklassik stabile und gleichgewichtige Pfade nachhaltiger Entwicklung in deterministischen Ansätzen gesucht werden, wird in der evolutionären Ökonomik diese Vorgehensweise entschieden zurückgewiesen. Wie im ökologischen System nicht vorhersagbare, nicht-linearen Änderungen auftreten, so ist auch davon auszugehen, daß es sich im ökonomischen System ebenso verhält. Eine Gleichgewichtsanalyse, wie in der neoklassischen Theorie, ist somit nicht anwendbar. Bezogen auf Sustainable Development werden das evolutorische ökonomische und das evolutorische ökologische System zusammengeführt (co-evolution). Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie, die eine Theorie des gleichgewichtigen Zustandes ist, aber auch im Gegensatz zur Ungleichgewichtstheorie, in der der wirtschaftliche Prozeß immer wieder versucht, ein Gleichgewicht zu erreichen, ist der wirtschaftliche Prozeß aus Sicht der evolutionären Ökonomik durch Zufälligkeiten, Kumulationen und Irreversibilitäten gekennzeichnet. Die Abbildung eines evolutorischen Ansatzes muß also plötzlich auftauchende Sprünge, Unsicherheiten, Nichtlinearitäten und damit chaotisches Verhalten auf dynamischen Pfaden berücksichtigen. Eine Voraussage zukünftiger Entwicklungen sowohl des ökonomischen, sozialen und ökologischen Systems ist infolgedessen nicht möglich. Somit eignet sich dieser Ansatz zwar zur Beschreibung historischer Prozesse, für Vorhersagen künftiger Entwicklungen jedoch nicht. Er kann somit auch keine Auskunft darüber geben, ob sich eine Gesellschaft auf einem nachhaltigen Pfad befindet. Die Konsequenz dieser Sichtweise ist allerdings, daß auch kein anderer modelltheoretischer Ansatz in der Lage dazu ist, wenn das irdische System evolutorischen Pfaden folgt. Als Managementregel läßt sich ableiten, daß eine möglichst große Artenvielfalt gewährleistet sein muß, um viele alternative evolutorische Pfade offenzuhalten, damit für auftretende Umweltprobleme eine Vielzahl von Optionen zur Verfügung steht. Es kann angenommen werden, daß bei plötzlich auftretenden Umweltveränderungen die Anpassungstähigkeiten von Arten um so größer ist, je größer deren genetische Vielfalt ist.

8. Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung

Bereits im Brundtland-Bericht wurden Indikatoren angemahnt, die geeignet sein sollen, als Maß einer nachhaltigen Entwicklung zu dienen. Aufgenommen wurde die Forderung nach Entwicklung von Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung dann in der auf der -Rio-Konferenz verabschiedeten Agenda 21. Hiernach ist für eine nachhaltige Entwicklung auf allen staatlichen Ebenen zu sorgen. Während die Konzepte nachhaltiger Entwicklung eher abstrakt formuliert werden, erfordert die Umsetzung einer Politik der nachhaltigen Entwicklung konkrete Empfehlungen sowohl auf lokaler wie auf globaler Ebene. Indikatoren zur Messung einer nachhaltigen Entwicklung müssen somit als Basis für Entscheidungen auf allen politischen Ebenen nützlich sein. Darüber hinaus müssen die Indikatoren Aussagen über den aktuellen Systemzustand liefern sowie darüber, wie dieser seinerseits andere Systeme beeinflußt. Hierbei geht es nicht allein um ökologische Ziele, sondern gleichermaßen um anthropogene Zielsetzungen. Damit ist offensichtlich, daß ein einziger Indikator nicht in der Lage sein kann, alle Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung abzubilden. Trotzdem wird versucht, in Anlehnung an die Bestimmung des Bruttoinlandsproduktes Indikatoren für eine nachhaltige Entwicklung oder einen nachhaltigen Wohlstand zu definieren. Es wird versucht, das Inlandsprodukt dahingehend zu bereinigen, daß das tatsächliche Ausmaß an materieller Wohlfahrt wirklichkeitsgetreuer abgebildet wird. Ausgaben für „Reparaturen“, wie die Beseitigung von Umweltschäden, sollen negativ in die Wohlfahrt eingehen, statt wie im Inlandsprodukt wohlfahrtssteigernd zu wirken. Natur- und Ressourcenverbrauch sollen wohlfahrtsmindernd in den Indikator eingehen. Im Gegensatz dazu sollen unentgeltliche Leistungen bei der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt berücksichtigt werden. In Deutschland ist dieser Ansatz mit dem Begriff des Ökosozialproduktes verbunden. Auf internationaler Ebene finden sich diese Überlegungen beispielsweise im Genuine Progress Indicator (GPI), der eine Weiterentwicklung des Index of Sustainable Economic Welfare (ISEW) ist. Bei diesem Ansatz spielen die (Schatten-)Preise eine zentrale Rolle. So steigt der Wert eines immer geringer werdenden Ressourcenbestandes allein dadurch, daß der Ressourcen(schatten)preis entsprechend dem Hotelling-Kalkül ansteigt. Die Bestandsgröße selbst spielt somit nur eine mittelbare Rolle im Indikator. Während diese Indizes nur in Geldeinheiten meßbare Größen in einer Kennziffer auszudrücken, versuchen andere Indizes, wie beispielsweise der HDI (Human Development Indicator) des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP), auch weitere Größen, wie die Analphabetenrate, Jahre an Schulbildung, Lebenserwartung zu berücksichtigen. Die Aussagekraft besonders letzterer Art von Indizes ist äußerst gering, sie erlauben keinerlei Aussagen darüber, ob eine Gesellschaft sich auf einem nachhaltigen Entwicklungspfad befindet. Es herrscht mittlerweile Einigkeit darüber, daß nur ein System mehrerer Indikatoren in der Lage ist, sinnvoll Auskunft über die Entwicklung einer Gesellschaft zu geben. Anstelle einer umweltökonomischen Gesamtrechnung, die zu einem „grünen“ Inlandsprodukt führt, wird auf internationaler Ebene und auch in Deutschland durch das Statistische Bundesamt an einem umweltökonomischen Satellitensystem zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung gearbeitet.

Als Modellrahmen zur Indikatorenbildung hat sich auf nationaler wie internationaler Ebene der sogenannte Pressure-StateResponse-Ansatz (PSR) der OECD herauskristallisiert. Diesem Ansatz entsprechend werden Indikatoren ermittelt, die die Umweltbelastungen (pressure), den Umweltzustand (state) und die Umweltschutzmaßnahmen (response) abbilden. Der Modellrahmen des Pressure-State-Response-Ansatzes vernachlässigt allerdings die ökonomischen und sozialen Aspekte nachhaltiger Entwicklung. Erweiterungen dieses Ansatzes versuchen, die sozialen und ökonomischen Dimensionen mit einzubeziehen. Dies geschieht beispielsweise dadurch, daß anstelle von response der Begriff driving force gewählt wird, der zusätzlich zu den umweltbezogenen Daten auch menschliche Aktivitäten und Verhaltensweisen mit Wirkung auf nachhaltige Entwicklung einschließt. Die Umweltzustandserhebung wird um die Effekte von Einwirkungen und Auswirkungen ergänzt.

Im Rahmen der Arbeit der UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung (UN Commission an Sustainable Development, UNCSD) wurde 1995 ein Arbeitsprogramm aufgestellt, in dem in Zusammenarbeit mit der UN-Abteilung für Politikkoordinierung und nachhaltige Entwicklung (UN DPCSD) eine Liste von mehr als 140 Indikatoren erarbeitet wird. Diese sind zum einen in die vier Kategorien ökonomische, ökologische, soziale und institutionelle Indikatoren eingeteilt, zum anderen nach dem Pressure-StateResponse-Prinzip (PSR) gruppiert, wobei die CSD statt pressure den umfassenderen Ansatz des driving force wählt. Somit ergibt sich eine Matrix-Struktur von Indikatoren nachhaltiger Entwicklung entsprechend den Anforderungen der Agenda 21. Dieser Modellrahmen soll dann auf nationaler Ebene Anwendung finden und in die nationalen umweltökonomischen Satellitensysteme mit eingehen.

Die Entwicklung von Indikatoren zur Beschreibung eines Pfades nachhaltiger Entwicklung ist bei weitem noch nicht an ihr Ende angelangt. Insbesondere fehlt es an Indikatoren, die die sozialen und institutionellen Aspekte von Nachhaltigkeit wiedergeben, aber ebenso an Indikatoren, die die Ausmaße von Ressourcennutzungen und der Artenvielfalt (Biodiversität) besser abbilden können.

9. Institutionen zur Umsetzung des Leitbildes Zwanzig Jahre nach dem Beginn internationaler Bemühungen auf dem Gebiet der Umweltpolitik durch die erste UN-Umweltkonferenz (United Nations Conference an the Human Environment) in Stockholm fand 1992 in Rio de Janeiro, Brasilien, die 47. Generalversammlung der Vereinten Nationen statt. Diese UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (UN Conference an Environment and Development, -UNCED), wirkte als Katalysator des Konzeptes eines „Sustainable Development“. Insbesondere wurde dort das Aktionsprogramm Agenda 21 verabschiedet, nach dem die Entwicklung in das 21. Jahrhundert auf zugleich ökologische, soziale und ökonomische Kriterien berücksichtigende Weichen gestellt werden soll. Das Aktionsprogramm gilt sowohl für Industrie- wie für Entwicklungsländer. Es enthält Handlungsaufträge, unter anderem zur Armutsbekämpfung, -Bevölkerungspolitik, zu Handel und Umwelt, zur Abfall-, Chemikalien-, -Klima- und Energiepolitik, zur Landwirtschaftspolitik sowie zu finanzieller und technologischer Zusammenarbeit der Industrie- und Entwicklungsländer. Adressaten der Agenda 21 sind nicht nur die nationalen Regierungen, sondern ebenfalls Akteure aus der Wirtschaft, den Verbänden, nicht staatlichen Organisationen sowie die Konsumenten.

Für die Überwachung der Umsetzung und Fortentwicklung der Agenda 21 und der Waldgrundsatzerklärung wurde 1993 die Kommission der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung (UNCSD) eingerichtet. Ihr Ziel ist es, im Folgeprozeß der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung die Fortschritte und Defizite bisheriger Bemühungen zu analysieren. Hierzu werden von der CSD systematisch die Themen der Agenda 21, so z. B. 1999 die Bereiche Tourismus, Schutz der Meere und im Jahr 2000 die Handels- und Finanzpolitik, die Land- sowie Waldwirtschaft behandelt. Der Kommission, deren Sitz sich in New York befindet, gehören 53 Staaten an, die jeweils für ein bis drei Jahre in die CSD gewählt werden. Die CSD ist zwar das zentrale politische Beschlußorgan im RioFolgeprozeß, doch sind ihre Vereinbarungen für die Regierungen nicht bindend, sondern haben lediglich „auffordernden“ Charakter.

Bereits ein Ergebnis der Stockholm-Konferenz von 1972 ist die Schaffung des UN-Umweltprogramms (United Nations Environment Programme, UNEP). Diese UN-Unterorganisation mit Sitz in Nairobi, Kenia, hat erstens eine koordinierende Funktion hinsichtlich der Umweltaktivitäten der UN. Zweitens übt sie eine katalytische Funktion aus, da sie Regierungen, insbesondere auch die von sich entwickelnden Ländern, berät und internationale Aktivitäten im Umweltbereich initiiert.

Weiterführende Literatur:

Bossel, H.: Indicators for a Sustainable Development. Theory. Method. Applications. A Report to the Balaton Group. The International Institute for Sustainable Development, Winnipeg 1999; Common, M.: Sustainability and Policy. Limits to Economics, Cambridge 1995; Daly, H. E.: Beyond Growth. The Economics of Sustainable Development, Boston 1997; Hauff V.: Unsere Gemeinsame Zukunft. Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, Greven 1987; Heal, G. M.: Valuing the Future. Economic Theory and Sustainability, New York 1998.




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