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Vermögenseffekte

Das Vermögen des privaten Sektors ist in der makroökonomischen Modellanalyse Argument in den Nachfragefunktionen. Da viele Autoren die Vermögensabhängigkeit in der Konsum- und Geldnachfrage vernachlässigen, existiert sie dann nur noch implizit in der aufgrund des Walras-Gesetzes vernachlässigten Wertpapiernachfragefunktion. Neben dem Sachkapitalbestand wird im allgemeinen der Realwert der Geldmenge und des Bestandes an staatlichen Wertpapieren (sowie von ausländischen Wertpapieren in Händen von Inländern in Modellen mit internationalem Kapitalverkehr) zum Vermögen gerechnet. Für Modelle offener Volkswirtschaften ist dieser Bestand um die jeweiligen Nettoforderungen gegenüber dem Ausland zu modifizieren. "Menschliches Vermögen" (abdiskontierter Wert des zukünftigen Arbeitseinkommens) wird nur bei der permanenten Einkommenshypothese berücksichtigt. Als Folge von Bewertungsänderungen entstehen "windfall profits", die auch bei gegebenen Beständen zu Vermögenseffekten führen: Güterpreisänderungen verursachen Realwertänderungen von nominalwertfixierten Aktiva wie Geldmenge und staatlichen Wertpapieren und lösen so "preisinduzierte Vermögenseffekte" aus (siehe im folgenden unter "Realkasseneffekt"). Zinssatzänderungen bedeuten Kurs- und damit Wertänderungen für festverzinsliche Wertpapiere und lösen damit "zinsinduzierte Vermögenseffekte" aus. Wechselkursänderungen bewirken (in Modellen offener Volkswirtschaften) Kurs- und damit Wertänderungen in inländischer Währung für ausländische Titel in Portefeuilles von Inländern und lösen so "wechselkursinduzierte Vermögenseffekte" aus. Schliesslich beeinflussen Änderungen des relativen Preises zwischen bestehendem und neu produziertem Sachkapital (Tobin-q) den Wert des Sachkapitalbestandes. Umstritten ist die Einbeziehung des Bestandes an staatlichen Wertpapieren, die bei Freiheit von Fiskalillusion nicht zum privaten Vermögen zu rechnen sind. In der Geldtheorie werden Vermögenseffekte zumeist mit dem Realkasseneffekt (real balance effect) identifiziert; sie sind ein wesentlicher Baustein der Theorie der Geldnachfrage und ein integraler Bestandteil der Portfoliotheorie. Der Realkasseneffekt zeigt die Wirkung einer Vermögensänderung auf die Nachfrage in einer Volkswirtschaft. Nimmt z. B. die Geldmenge bei zunächst gegebenem Preisniveau in einer Volkswirtschaft zu, so steigt der Realwert der Kassenbestände. Gegenüber dem bisher gehaltenen (realen) Kassenbestand besteht nun ein Überschuss an Kasse, der durch Ausgaben für Güter und Dienste abgebaut werden kann. Dies führt schliesslich zu einem Preisniveauanstieg, der solange anhält, bis wieder der tatsächliche dem gewünschten (realen) Kassenbestand entspricht. Dieser von Don Patinkin entwickelte Effekt beruht auf dem sog. Pigou-Effekt, nach dem bei sinkendem Preisniveau während einer Depression der Realwert von Aktiva steigt, was die Notwendigkeit zum Sparen reduziert und den Konsum damit ansteigen lässt; Pigou berücksichtigt allein die Wirkung einer Preissenkung während einer Depression. Eine gegebene Vermögens-Spar-Relation (wealth-saving-relation) führt schliesslich automatisch wieder zu Vollbeschäftigung. Diese Vermögenseffekte bestehen jedoch nur dann, wenn mit einer Geldmengenänderung das Netto-Vermögen variiert; bei einer Wertänderung von privaten Vermögenstiteln existiert ein solcher Vermögenseffekt nicht, da den finanziellen Forderungen des Wertpapierbesitzers gleich hohe Verbindlichkeiten des Emittenten gegenüberstehen. Durch John G. Gurley und Edward S. Shaw wurde in diesem Zusammenhang die Kontroverse um das Innengeld/Aussengeld (inside money/outside money) eingeführt. Danach stellt nur das von ausserhalb des privaten Sektors durch den Staat (Zentralbank) emittierte Aussengeld Vermögen dar, nicht dagegen das von innerhalb des privaten Bereichs durch Geschäftsbanken emittierte Innengeld; denn dem Verbindlichkeiten darstellenden Geschäftsbankengeld stehen in gleicher Höhe Forderungen gegenüber, so dass kein Nettogeldvermögen (Geld) durch Bankengeldschöpfung entstehen könne. Don Patinkin ist dieser Sichtweise mit dem Argument entgegengetreten, dass im Fall von Münzgewinnen bei der Geldschöpfung der Geschäftsbanken das Innengeld Vermögen darstellen müsse, sobald den Geschäftsbanken eine staatliche Konzession zur Führung eines Bankbetriebes zugestanden wird. Im Konkurrenzfall, also wenn keine Exklusivrechte zum Führen einer Bank bestehen, sinkt danach der Bankgewinn im Extremfall auf Null, so dass dann dem Verbindlichkeiten darstellenden Geschäftsbankengeld Forderungen in genau gleicher Höhe gegenüberstehen. Der Besitz von Geschäftsbankengeld kann dann kein volkswirtschaftliches Vermögen darstellen. Bei von der Zentralbank geschaffenem Geld, sog. Aussengeld, steigen zwar die Forderungen des privaten Sektors, nicht aber auch zugleich dessen Verbindlichkeiten. Aussengeld stellt deshalb für die Privaten Nettovermögen dar. Vermögenseffekte ergeben sich aber auch dann, wenn einige Wirtschaftssubjekte (die Gläubiger oder der private Sektor) auf Veränderungen ihres Vermögens mit Nachfrageänderungen reagieren, andere (die Schuldner oder der öffentliche Sektor) dagegen nicht. In diesem Falle besteht eine asymmetrische Reaktion der Wirtschaftssubjekte.   Literatur: Claassen, E.-M., Grundlagen der Geldtheorie, 2. Aufl., Berlin u. a. 1980. Patinkin, D., Money, Interest and Prices, 2. Aufl., New York 1965. Fuhrmann, W., Makroökonomik, 3. Aufl., München, Wien 1991.  

Vermögenseffekte resultieren aus Änderungen der Vermögenswerte. Geldpolitisch ausgelöste Zinssteigerungen führen über Substitutionsprozesse (Substitutionseffekte, Zinskanal) zu Kursverlusten bei finanziellen Aktiva (festverzinsliche Wertpapiere, Aktien). Diese Vermögensverluste dämpfen die investive und die konsumtive Nachfrage.

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