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Kathedersozialismus

(missverständliche) Bezeichnung für jene Variante der historischen Schule, die der "sozialen Frage" besondere Aufmerksamkeit zuwandte und sich entschieden für Sozialreformen im Deutschen Reich einsetzte. Ihre Auffassungen waren von der Vorstellung geprägt, eine normative Sozialökonomie sei als eine das menschliche Wollen und Handeln beeinflussende Kulturwissenschaft notwendig. Wissenschaft müsse auch jene wirtschaftlichen und sozialen Lebenserscheinungen in ihrer Kulturbedeutung darlegen, für die eine moralische Einwirkung auf die Gegenwart und Zukunft Pflicht ist, wozu sie ihre Ideale der Ethik entnimmt. Diese Überzeugung ist der älteren wie der jüngeren deutschen historischen Schule gemeinsam. Die induktive Methode und deren zeit- und wirklichkeitsnahe Ausrichtung auf akute Probleme der Gegenwart liessen einige ihrer Vertreter zu Sozialreformern werden. Ihr Engagement trieb sie zu praktischem Handeln, wobei ihnen sozialpolitische Betätigung wie auch die ihr zugrunde liegenden Wertungen als wissenschaftliche Leistungen erschienen. Bereits für Bruno Hildebrand wie für die sozialrefor- merisch jüngere historische Schule, die von Gustav v.Schmoller geführt wurde, gab es keinen Zweifel an der Suprematie des menschlichen Willens. Das begründete ihren Gegensatz zum Manchestertum mit seinem absoluten  Laissez faire und die Etikettierung der Auffassungen der Schmoller-Richtung als "Kathedersozialismus". Nicht allein für das Werk Adolph Wagners und das Schmollers trifft das Urteil zu, sondern schon für die Arbeiten des bezüglich der Staatsauffassung republikanischer denkenden Hildebrand: Dem radikalen Verharren im Laissez faire und dem radikalen Streben nach Umsturz hielt der gesamte sog. Kathedersozialismus das selbständige Prinzip der Versöhnung von Ordnung und Freiheit entgegen. Gegen einen starren ökonomischen Konservatismus und gegen den Ruf nach sozialer Revolution stellt er das Prinzip der gesetzlichen, schrittweise betriebenen positiven Reform. Das war zugleich die Motivation für die Gründung des Vereins für Socialpolitik 1872. Die Kathedersozialisten mussten mit der Vorstellung von der unabänderlichen Zwangsläufigkeit des wirtschaftlich-sozialen Geschehens brechen, um ihr sozialpolitisches Engagement rechtfertigen zu können. Die Wissenschaft tritt auf als sittliche Macht, als "wirksamstes Heilmittel gegen die sozialen Schäden der Gegenwart", indem sie als praktische Erfahrungswissenschaft zeitgerechte (relative) Lösungen aktueller Probleme zur Diskussion stellt.                                                             Literatur: Gehrig, H., Die Begründung des Prinzips der Sozialreform, Jena 1914. Elster, L., Kathedersozialismus, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. V, Jena 1923, S. 641. Schmölders, G., Geschichte der Volkswirtschaftslehre, Reinbek bei Hamburg 1962.  

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