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Liberalisierungsparadoxon

(= SEN-Paradoxon) erstmals von Amartya K. SEN aufgezeigte Inkonsistenz von liberalistischen Werten, schwachem PARETO-Kriterium und uneingeschränktem Definitionsbereich einer sozialen Entscheidungsfunktion im Rahmen der Kollektiventscheidungstheorie (social choice theory). Eine soziale Entscheidungsfunktion verlangt, dass in jeder Entscheidungssituation, die als Teilmenge möglicher Entscheidungsalternativen oder sozialer Zustände aufzufassen ist, eine nichtleere Menge sog. bester Elemente existiert, wodurch eine optimale Kollektiventscheidung in jeder möglichen Entscheidungssituation gesichert wird. Eine soziale Entscheidungsfunktion erfüllt die Bedingung des uneingeschränkten Definitionsbereiches, wenn alle individuellen - Präferenzen über der Menge der Entscheidungsalternativen Ordnungsrelationen (reflexiv, transitiv und vollständig) sind und darüber hinaus nicht weiter eingeschränkt werden. Man bezeichnet dies auch als Individualrationalität. Eine soziale Entscheidungsfunktion erfüllt das schwache PARETO-Prinzip, wenn sich eine strenge Präferenz aller Wirtschaftssubjekte stets auch in den kollektiven Präferenzen niederschlägt. SEN modellierte liberalistische Werte derart, dass er die Existenz geschützter Sphären der Wirtschaftssubjekte unterstellte, bezüglich derer die Gesellschaft die Entscheidungsautonomie der jeweiligen Wirtschaftssubjekte respektiert. Die Geltung des Liberalismusparadoxons kann an einem einfachen Fall demonstriert werden: Gegeben sei eine Menge von vier Entscheidungsalternativen {w, x, y, z}, wobei die geschützte Sphäre von Wirtschaftssubjekt j die Alternativmenge {w, x } und von Wirtschaftssubjekt k die Alternativmenge {y, z} sei. Der Index i beziehe sich auf alle Wirtschaftssubjekte einschließlich j und k. Die Bedingung des uneingeschränkten Definitionsbereiches gestattet nun die Aufnahme der folgenden Präferenzstruktur (P; bedeutet die strenge Präferenz eines Wirtschaftssubjekts, P die strenge Präferenz des Kollektivs): wPix, yPkz, und für alle i : xP;y, zP;w. Aus der Liberalismusbedingung folgt wPx und yPz, aus dem schwachen PARETOPrinzip folgt xPy und zPw für die kollektiven Präferenzen. Dies bedeutet einen Präferenzzyklus, weshalb in { w, x, y, z) keine nichtleere Menge bester Elemente und damit keine soziale Entscheidungsfunktion existiert. Da dieses Szenario als Baustein in jeden größeren Kontext eingebettet werden kann, ist damit bewiesen, dass für mehr als drei Entscheidungsalternativen keine soziale Entscheidungsfunktion existiert, welche die Bedingung des uneingeschränkten Definitionsbereiches, das schwache PARETO-Prinzip und die Bedingung liberalistischer Werte für mindestens zwei Wirtschaftssubjekte erfüllt. Das Liberalismusparadoxon hat eine intensive und umfangreiche Diskussion ausgelöst, in deren Verlauf eine Lockerung der Liberalismusbedingung, eine Lockerung der Bedingung des uneingeschränkten Definitionsbereiches und vereinzelt auch eine Lockerung des schwachen PARETO-Prinzips vorgeschlagen wurden. Der zweifelslos interessanteste Lösungsversuch stammt von Alon HAREL und Shmuel NITZAN, die zeigen, dass das Liberalismusparadoxon durch die Möglichkeit, die indviduellen liberalen Rechte zu tauschen, gelöst werden kann. Allerdings ist dieser Lösungsansatz auf Systeme binärer liberaler Rechte beschränkt (d.h., die Privatsphäre jedes Wirtschaftssubjekts umfaßt höchstens zwei soziale Zustände) und versagt für allgemeine Systeme liberaler Rechte. Literatur: Hard, A., Nitzan, S. (1987). Sen, A.K. (1983). Sen, A.K. (1970)

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