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Österreichische Kapitaltheorie

auf Eugen von BOHM-BAWERK (1851-1914) zurückgehende Theorie zur Erklärung der Existenz eines positiven Zinses. Die BÖHM-BAWERKsche Erklärung war explizit als Alternative zur MARXschen konzipiert, weshalb Joseph A. SCHUMPETER (1883-1950) BÖHMBAWERK als »bürgerlichen MARX« bezeichnete. Als Vorläufer einiger der von BOHM-BAWERK benutzten Konzepte sind John RAE (1796-1872) und William S. JEVONS (1835-1882) zu nennen. Elemente der Theorie wurden von Knut WICKSELL (1851-1926) und von Friedrich A. von HAYEK (1899-1992) aufgegriffen und weiterentwickelt, andere als unhaltbar zurückgewiesen. Moderne Versuche der Reformulierung österreichischer kapitaltheoretischer Konzepte stammen von John Richard HICKS (1904-1991), Carl Christian von WEIZSÄCKER (geb. 1938) und Malte FABER (geb. 1938). BÖHM-BAWERKs Hauptanliegen bestand darin, eine temporale Version der atemporalen - Neoklassischen Theorie zur Erklärung der relativen Preise und der Einkommensverteilung zu entwickeln. Letztere geht von folgenden Daten aus: a) gegebenen Präferenzen der Wirtschaftssubjekte, b) gegebenen technischen Alternativen der Produktion, c) einer gegebenen Erstausstattung der Wirtschaft mit produktiven Ressourcen, einschl. »Kapital«. In der temporalen Version BÖHM-BAWERKs spiegelt Datum a) eine positive Zeitpräferenz der Wirtschaftssubjekte wider, auch bekannt als die Höherschätzung der Gegenwartsbedürfnisse gegenüber den Zukunftsbedürfnissen. Die von BÖHM-BAWERK zugunsten der Zeitpräferenz angeführten Gründe haben keine allgemeine Anerkennung gefunden. Datum b) versucht BÖHM-BAWERK mittels des Konzepts der - Produktionsperiode zu erfassen. Letzteres soll die Mehrergiebigkeit längerer Produktionsumwege zum Ausdruck bringen und ist damit konzipiert als Mass für die - Kapitalintensität der Produktion. Gleich JEVONS faßt BÖHMBAWERK mit Datum c) die Ausstattung der Wirtschaft mit »Kapital« als gegebene Größe des Subsistenzfonds auf, der das Einschlagen mehr oder weniger produktiver, aber auch mehr oder weniger umwegiger, d.h. zeitraubender, Produktionsprozesse ermöglicht. Der - Zins wird knappheitstheoretisch erklärt: Er vermittelt für gegebene Ausstattung mit »Kapital« zwischen der subjektiven Höherschätzung der Gegenwartsbedürfnisse und der technischen Mehrergiebigkeit längerer Produktionsumwege. BÖHM-BAWERKs Ansatz wurde bereits von WICKSELL kritisiert. Die Vorgabe einer Wertgröße »Kapital« zur Bestimmung des Zinssatzes impliziere einen Zirkelschluß, da das »Kapital« nicht unabhängig von den Preisen der Subsistenzgüter vorgegeben werden könne. Die Preise hängen indes vom Zinssatz ab, d.h. jener Größe, die es zu bestimmen gilt. Erik Robert LINDAHL (1891-1960), ein Schüler WICKSELLs, zog daraus den Schluß, dass das »Kapital« nicht als Wertgröße, sondern, wie in der Theorie von Leon WALRAS (1834-1910), physisch vorzugeben sei. Allerdings sei eine beliebige Ausstattung der Wirtschaft mit heterogenen Kapitalgütern i.allg. trotz freier Konkurrenz nicht mit einer einheitlichen Kapitalertragsrate vereinbar. LINDAHL gab daher, ähnlich wie HAYEK, den Begriff des langfristigen Konkurrenzgleichgewichts mit uniformem Zinssatz zugunsten von kurzfristigen Gleichgewichten auf. Er vertrat indes die Auffassung, dass ersteres das Gravitationszentrum der letzteren sei. Die Arbeiten LINDAHLs und HAYEKs begründen die Neoklassische Theorie intertemporaler Gleichgewichte, z.T. ähnlich motivierte Arbeiten HICKS\' diejenige temporärer Gleichgewichte. Die österreichische Kapital- und Zinstheorie wurde in den 30er Jahren und später in der Cambridge-Kontroverse einer Kritik unterzogen. Es wurde gezeigt, dass der Ansatz außer in uninteressanten produktionstheoretischen Spezialfällen keine Gültigkeit hat und das Konzept der durchschnittlichen Produktionsperiode i.allg. nutzlos ist. In jüngerer Zeit hat es verschiedene Versu che gegeben, einzelne Elemente des Ansatzes zu reformulieren. Das Konzept der Zeitpräferenz ist in der Theorie intertemporaler Gleichgewichte von Tjalling C. KOOPMANS (1910-1985) und Peter DIAMOND (geb. 1940) auf Fälle mit endlichem und unendlichem Zeithorizont sowie solche mit mehr als einem Gut verallgemeinert worden. Es zeigt sich, dass eine positive absolute Zeitpräferenz eine logische Implikation und nicht eine Prämisse der Existenz einer kontinuierlichen intertemporalen - Nutzenfunktion mit unendlichem Zeithorizont ist. HICKS war in seiner »neoösterreichischen« Theorie bestrebt, das fixe Kapital, das bei BOHMBAWERK weitgehend vernachlässigt wurde, in die Analyse miteinzubeziehen. Von Peter BERNHOLZ und Malte FABER stammt eine Neufassung des Konzepts der Mehrergiebigkeit längerer Produktionsumwege im Rahmen intertemporaler Gleichgewichtstheorie. Literatur: Eatwell, J., Milgate, M., Newman, P. (1989). Faber, M. (1979). Hicks, J.R. (1973)

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