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Zinstheorie

erklärt das Niveau des Zinses auf dem Kreditmarkt. Kreditanbieter (Sparer) und Kreditnachfrager (in erster Linie Investoren, aber auch der Staat) verhandeln dort über die Zinshöhe. Nach der Grenznutzenschule wird ein Zinssatz deshalb gezahlt, weil Kreditanbieter für ihren zeitweiligen Konsumverzicht (Nutzenentgang) entlohnt werden müssen. Die darin zum Ausdruck kommende Agiotheorie geht auf Eugen von Böhm-Bawerk zurück. Da die Kreditanbieter relativ zinsunelastisch, d. h. zinsunempfindlich sind, ist das gesamte Kreditangebot auf dem Kreditmarkt bei gegebenem Volkseinkommen, gegebener Liquidität, gegebenen Erwartungen und Risiken in seinem Umfang bekannt. Die Kreditnachfrage zu Investitionszwekken ist bei gleichen Randbedingungen wie beim Kreditangebot durch das Grenzprodukt der Investition bzw. den marginalen Kapitalkoeffizienten bei alternativem Investitionsvolumen bestimmt. Damit ist der reale Zinssatz determiniert. Seine Mindesthöhe entspricht der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals und kann als interner Zinssatz ermittelt werden, d. h. als derjenige Diskontierungsfaktor, bei dem alle auf den gegenwärtigen Zeitpunkt abdiskontierten erwarteten Erträge in der Zukunft als Summe genau den Anschaffungskosten entsprechen. Die Entwicklung des realen Zinssatzes (als Funktion der Investitionstätigkeit) ist durch Massnahmen der Geldpolitik nicht beeinflussbar, es sei denn, es gelingt, die Erwartungen der Investoren über die künftige Ertragsentwicklung zu beeinflussen. In gewissem Umfang sind das Sparvolumen (durch Veränderungen des realen Volkseinkommens) und das Geldangebot manipulierbar, so dass die Höhe des realen Zinssatzes — nicht dessen Verlauf variiert werden kann. So kann bei zunächst gegebenem Preisniveau durch Senkung des Darlehenszinses auf dem Geldmarkt unter das Niveau des realen Zinssatzes (sog. natürlicher Zins nach Knut Wicksell) die Investitionstätigkeit solange angeregt werden, bis der natürliche Zins dem Marktzins entspricht; dies ist der sog. Wicksellsche Prozess. Wird die Senkung des Marktzinses allerdings durch eine Geldmengenausdehnung bewirkt, kann es zu allgemeinen Preissteigerungen fi kommen, die den Marktzins inflatorisch aufblähen (bei Freiheit von —Geldillusion), ohne den realen Zinssatz ir zu verändern. Der Marktzins entspricht dann dem nominellen Zinssatz in mit in = ir + 15. Dies ist auch der Grund dafür, dass bei erwarteten Preissteigerungen der nominelle Zinssatz steigt (FisherEffekt). Dies erklärt zugleich das sog. GibsonParadoxon, das in einer durch Geldexpansion ausgelösten inflatorischen Entwicklung eine Erhöhung des (nominellen) Zinssatzes feststellte und nicht — wie theoretisch erwartet eine Senkung. Neben der zinsabhängigen Kreditnachfrage der Investoren (klassische Theorie) wird durch die Liquiditätspräferenztheorie von John Maynard Keynes auch eine zinsabhängige Geldnachfrage postuliert. Danach halten Wirtschaftssubjekte in Abhängigkeit vom Zinssatz bzw. von der Rendite alternativer Anlagen (z. B. festverzinslicher Wertpapiere) Geld, um eine günstige Gelegenheit zur Aufstockung des Wertpapiervermögens ausnutzen zu können. Wird das Geldangebot erhöht, so muss der Zinssatz sinken, um von der Geldnachfrage aufgenommen zu werden; dies ist der Liquiditätseffekt. Steigen nun die Investitionen, so wird damit das Volkseinkommen erhöht; dies ist der Einkommenseffekt. Die Zinsabhängigkeit der Geldnachfrage ist auch Bestandteil der Portfoliotheorie. Danach ist jede Geldhaltung zinsabhängig, da ihre Opportunitätskosten (entgangene Zinserträge bei einer möglichen rentablen Anlage) stets von den Wirtschaftssubjekten berücksichtigt werden. Die klassische Theorie stellt bei der Bestimmung der Zinshöhe im Prinzip auf die Stromgrösse Investition ab und vernachlässigt in ihrer Argumentation die Bestandsgrösse Vermögen (Anlagen, Wertpapiere etc.); die Liquiditätstheorie stellt demgegenüber die Kassenhaltung in den Vordergrund. Nach der Loanable-funds-Theorie schliesslich wird der Zinssatz auf dem Markt für ausleihbare Fonds bestimmt. Das Kreditangebot auf diesem Markt wird durch Kredite aus Ersparnissen und zusätzlicher Geldschöpfung, die Nachfrage durch das Investitionsvolumen und Horten (Zins) bestimmt. Im Prinzip berücksichtigt   die Kreditmarkttheorie (Kreditmarkt) sämtliche der genannten Einflüsse, um das Zinsniveau aus Kreditangebot und Kreditnachfrage zu ermitteln.   Literatur: Gebauer, W, Realzins, Inflation und Kapitalzins, Berlin u. a. 1982. Lutz, F. A., Zinstheorie, 2. Aufl., Zürich, Tübingen 1967.

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