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Medienökonomie


1. Definition Medienökonomie beschäftigt sich mit der ökonomischen Analyse von Medienunternehmen und Me­dienmärkten. Die Produktion, Distribution und der Konsum von Medieninhalten (Informationen) wer­den mit Hilfe des Instrumentariums der Volks- und Betriebswirtschaftslehre analysiert. In der Literatur findet sich auch die Unterscheidung zwischen Medienökonomie als der volkswirtschaft­lichen Analyse der Medienbranche (Marktversagensdiskussion, Regulierung der Medienbranche, Ana­lyse der Gesamtmärkte) und Medienwirtschaft, der betriebswirtschaftlichen Betrachtung der Produkti­ons- und Entscheidungsprozesse in einzelnen Unternehmen. Synonym unterscheidet man auch zwi­schen makroökonomischen (Medienökonomie) und mikroökonomischen (Medienwirtschaft) Aspekten der ökonomischen Analyse von Medien.
2. Motivation Die Begründung dafür, dass die Medienbranche eine eigenständige ökonomische Analyse benötigt, ist in den produktionstechnischen Besonderheiten der Branche, in den ökonomischen Besonderheiten der hergestellten Güter und in der gesellschaftlichen Bedeutung von Medienuntemehmen zu suchen. (I) Produktionstechnische Besonderheiten: Vor allem bei Massenmedien mit hohem Distributionsaufwand entstehen durch die damit verbundenen hohen Fixkosten rasch natürliche Monopole (Monopol, natürliches). Eine weitere Besonderheit bei der Produktion von Medien sind sogenannte  Netzwerkextemalitäten, die ebenfalls dazu führen können, dass am Ende eines wettbewerblichen Prozesses nur ein Anbieter übrigbleibt. Weiterhin entsteht bei der Produktion von Informationen das Problem der sogenannten  first-copy-costs.
(2) Besonderheiten von Informationen: Informationen sind nicht-stoffliche Güter, bei denen Nicht-Rivalität im Konsum vorliegt — der Konsum einer Information durch eine Person verhindert nicht den Konsum der gleichen Information durch eine zweite Person. Das Argument der Nicht-Ausschliessbarkeit vom Konsum von Informationen gilt allerdings nicht grundsätzlich: Bei vielen Medien ist ein Ausschluss potentieller Nutzer vom Medienkonsum möglich und wird auch teilweise praktiziert (Pay-TV). Weiterhin sind Informationen Vertrauensgüter (experience goods), d.h. man weiss erst nach dem Konsumakt, ob die gekauften Informationen auch den Erwartungen an sie entsprechen. Medienunternehmen benötigen also eine hohe Reputation gegenüber ihren Kunden.
(3) Gesellschaftliche Bedeutung von Medien: Medien und Medienunternehmen wird in der Literatur eine besondere gesellschaftliche Bedeutung zugesprochen: Sie sollen die Bürger informieren, sozialisieren, bilden und sie sollen eine Kontrollfunktion gegenüber der Politik ausüben. Diese öffentliche Funktion wird in der Literatur als Begründung für eine besondere rechtliche Regulierung der Medienbranche angeführt; die journalistische Qualität könne im Widerspruch zu den ökonomischen Zielen eines Medienunternehmens stehen (ökonomische Qualität).
3. Finanzierung von Medienunternehmen Bei der Finanzierung von Medienuntemehmen gibt es grundsätzlich drei verschiedene Möglichkeiten: Neben der Gebührenfinanzierung (öffentlichrechtlicher Rundfunk) gibt es die Möglichkeit der Werbefinanzierung sowie die Möglichkeit eines direkten Nutzungsentgeltes (Pay-TV). Neuere Erlösmodelle zielen auf eine Beteiligung der Rezipienten an Gewinnspielen ab oder versuchen besondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Medien (Recherchedienste, Maklerfunktionen) zu vermarkten. In der Praxis finden sich oft Mischformen dieser Finanzierungsmöglichkeiten.
4. Vertrieb von Medienprodukten Der Vertrieb von Medienprodukten erfolgt je nach Medium unterschiedlich:  Printmedien werden über das  Presse-Grosso, die   Pressepost, eigene Zustellersysteme und den Bahnhofsbuchhandel vertrieben.  Rundfunk erreicht die Haushalte über Kabelnetze, Satelliten, terrestrische Frequenzen und digitalen terrestrischen Rundfunk. Die hohen Fixkosten bei der Errichtung von Sendernetzen und Kabelnetzen können zu natürlichen Monopolen (Monopol, natürliches) führen.
5. Rechtlicher Rahmen in der Bundesrepublik
(1) Grundsätzliches: Artikel 5 Grundgesetz gewährleistet das Recht, sich frei zu äussern und zu informieren. Durch die Rundfunkfreiheit soll die öffentliche Meinungsbildung geschützt werden. Zusätzlich gilt auch das Gebot der Staatsferne des Rundfunks. Ergänzt wird der rechtliche Rahmen durch zahlreiche Urteile des Bundesverfassungsgericht zur Presse und zum Rundfunkwesen.
(2) Printmedien: Der Erlass von Pressegesetzen liegt in der Verantwortlichkeit der Länder, die alle mehr oder weniger gleichlautende Gesetze erlassen haben, die z.B. die Gegendarstellungsrechte, Impressumspflicht u.a. regeln. Die Pressefusionskontrolle ist im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geregelt. Der Pressekodex in der Fassung von 1997 enthält publizistische Grundsätze und soll die Berufsethik der Presse konkretisieren.
(3) Rundfunk: Die Landesmediengesetze regeln die gesetzlichen Grundlagen der Zulassung  priva­ten Rundfunks (Zulassung, Anforderungen und Pflichten privater Rundfunkveranstalter). Die Staatsverträge der Länder in Rundfunkangelegenheiten regeln die Finanzierung, den Auftrag und die rechtlichen Grundlagen des  öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zusammengeführt sind die verschiedenen Staatsverträge im Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland von 1992, der in weiteren Rundfunkänderungsstaatsverträgen ergänzt oder verändert worden ist. Der europäische Rahmen ist in der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen” der Europäischen Union ge­regelt, die einen freien Verkehr von Fernsehgesetzen innerhalb des gemeinsamen Marktes sichern soll.
(4) Internet und Multimedia: Der Mediendienstestaatsvertrag der Länder soll einen Rahmen für neue Medien schaffen. Mediendienste richten sich laut Staatsvertrag an die Allgemeinheit und unter­scheiden sich vom zulassungspflichtigen Rundfunk dadurch, dass sie nur in geringem Masse der Meinungsbildung dienen. Teledienste, die vom Bund im Teledienstegesetz geregelt sind, sind da­hingegen nur für die individuelle Nutzung bestimmt. Das Informations- und Kommunikations­dienstegesetz beherbergt als Mantelgesetz neben dem Teledienstegesetz auch das Gesetz zur Re­gelung der elektronischen Signatur (Signaturgesetz).
6. Digitalisierung und Konvergenz Der zunehmende Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnik ist für die Medienbranche von besonderer Bedeutung: Da Informationen als nicht-stoffliche Produkte digitalisiert und damit elek­tronisch abgebildet werden können, hat der Siegeszug der Computertechnik drastische Folgen für die gesamte Branche.
(1) Presse: Die Printbranche hat zum einen mit der zunehmenden Konkurrenz des Internet auf dem Werbe- und Rezipientenmarkt zu kämpfen, zum anderen verändert die Einführung von  elektronischem Papier auch Lesegewohnheiten und Vertriebswege.
(2) Audiovisuelle Medien: Musik und Filme lassen sich mittlerweile rasch und einfach digitalisieren und über das Internet verbreiten, was eine Zunahme illegaler Kopien über sogenannte Tauschbör­sen im Internet und damit verbundener Einnahmeeinbussen der Anbieter zur Folge hat. Eine wei­tere Folge der zunehmenden Digitalisierung von Informationen ist ein Zusammenwachsen der Medien (Konvergenz) — der Computer mutiert zu einem Multimediawerkzeug, das zunehmend auch die Funktionen des Fernsehens und des Radios übernimmt.
7. Urheberrecht und Verwertungsgesellschaften Da Informationen nicht-stofflich sind, sind sie leicht reproduzierbar — aus diesem Grund bedürfen die Rechte am geistigen Eigentum eines besonderen Schutzes, der in der Bundesrepublik im Urheber­schutzgesetz geregelt ist, das Werke der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst schützt und die Ver­gütung der Nutzung dieser Werke regelt. Um die Wahrung der Urheberrechte kostengünstig und effek­tiv zu gestalten, existieren Verwertungsgesellschaften wie die  GEMA, die VG Wort, die Gesell­schaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), die Gesellschaft zur Wahrnehmung von Film- und Fernsehrechten privater Film- und Fernsehproduzenten (GWFF) und die Verwertungsgesell­schaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF).
8. Rezipientenforschung Die Rezipientenforschung beschäftigt sich mit der Gewinnung von Informationen über die Nachfrage nach Mediendienstleistungen. In der Literatur unterscheidet man zwischen der Mediennutzungsfor­schung (Reichweitenforschung), die das quantitative Ausmass der Mediennutzung ermittelt, der Rezep­tionsforschung, die Motive und Gewohnheiten der Mediennutzung erforscht sowie der Medienwir­kungsforschung, die sich mit den individuellen und sozialen Folgen des Medienkonsums beschäftigt. Quellen der Rezipientenforschung sind die Media Analyse, die  IVW, die   Allensbacher Wer­beanalyse (AWA) und die  GfK-Fernsehforschung. Darüber hinaus gibt es spezielle Zielgruppenana­lysen wie die Leseranalyse Entscheidungsträger (LAE) oder die Jugend-Media Analyse (Juma).
9. Mediaplanung Eine wichtige Frage der Medienwirtschaft ist die sogen. Mediaplanung, bei der es darum geht, für ein gegebenes Werbebudget die erforderliche Zahl der Werbekontakte zu maximieren. Zuerst findet ein In­ter-Medienvergleich statt, in dem die entsprechenden Mediengattungen ausgewählt werden, danach wird innerhalb der jeweiligen Medien ausgewählt (Intra-Medienvergleich). Wichtige Kennziffern für die Mediaplanung sind der sogen.   Tausenderpreis, die  Reichweite sowie im Multimedia-Bereich u.a. die   Page Impressions, die  Page visits sowie die   view-time. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe   Internet-Kommunikationspolitik,   Kommunikations­politik,   Konsumentenverhalten,   Kundenzufriedenheit,   Markenführung,  Marketing, Grund­lagen,   Marketing, Internationales,  Marktforschung,  Multi-Kanal-Dialog Marketing,   Spon­soring,  Werbung.

Literatur: Beck, Hanno: Medienökonomie, 2. Auflage, Springer Verlag Heidelberg, New York (2005); Beck, Hanno; Prinz, Aloys: Ökonomie des Internet; Campus Verlag Frankfurt, New York (1999); Bey­er, Andrea; Carl, Petra: Einführung in die Medienökonomie, UVK Verlagsgesellschaft Konstanz (2004); Heinrich, Jürgen: Medienökonomie, Band 1: Mediensystem, Zeitung, Zeitschrift, Anzeigen­blatt,
2. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Westdeutscher Verlag Wiesbaden (2001); Heinrich, Jürgen: Medienökonomie, Band 2: Hörfunk und Fernsehen, Westdeutscher Verlag Wiesbaden (1999); Karmasin, Matthias; Winter, Carsten: Grundlagen des Medienmanagements, Wilhelm Fink Verlag München (2000); Kiefer, Marie-Luise: Medienökonomik, München, Wien (2001); Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) über die Entwicklung der Konzentration und über Massnahmen zur Sicherung der Meinungsvielfalt im privaten Rundfunk. Konzentrationsbericht der KEK, Schriftenreihe der Landesmedienanstalten Band 17, Berlin 2000; Pürer, Heinz: Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, UVK Verlagsgesellschaft Konstanz (2003); Sjurts, Insa: Strategien in der Medienbranche. Grundlagen und Fallbeispiele. 2. Auflage, Gabler Verlag Wiesbaden (2002); Sjurts, Insa (Hrsg.): Gabler Lexikon Medienwirtschaft; Gabler Verlag Wiesbaden (2004); ZAW: Wer­bung in Deutschland 2003, Verlag edition ZAW Bonn 2003. Internetadressen: Ausgewählte Institutionen: www.gema.de, www.presserat.de, www.bdzv.de, www.kek-online.de, vvvvw.kef-online.de, www.vprt.de, www.zaw.de. Daten zur Mediaplanung: www.agf.de, www.awa-online.de, www.gfk.de, www.ivw.de, www.media-perspektiven.de. Sonstige Adressen: www.iw-koeln.de, www.medieninformation.de, www.presseforschung.de, www.wuv.de.

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