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Bedeutung der Bildkommunikation

Wir stehen an der Schwelle des Zeitalters der Bildkommunikation. Es wird von den Kom­munikationsmustern des Fernsehens ge­prägt. Bilder, nicht Worte, werden immer mehr zur Grundlage menschlicher Überzeu­gungen und Meinungen (Postman, 1985). Das gilt auch für die Marktkommunikation. Der visuelle Auftritt einer Firma oder Marke entscheidet in zunehmendem Maße über die Akzeptanz bei den Kunden, v. a. bei wenig involvierten Konsumenten. Das spiegelt sich auch darin wider, dass der Anteil der Bilder in der Anzeigenwerbung für Konsumgüter von 50 % in den 1950 er Jahren bis heute auf 70 % gestiegen ist und weiter wächst. Wirksame Kommunikation heißt deswegen in Zukunft v. a. Bildkommunikation. Darauf weisen auch neuere Ansätze im Marketing hin: Im Einzelhandel versucht man, den Verkauf durch den systematischen Einsatz von Bil­dern im Laden zu fördern: In den USA spricht man von „selling by pictures“ und “visual merchandising“. In der Konsum- güterindustrie kommt man immer mehr zu der Einsicht, dass der Markterfolg mehr vom visuellen Profil der Marke als von den sprachgebundenen Kenntnissen über die Marke abhängt.
Bedeutung der Bildkommunikation Die Macht der Bilder läßt sich mit Gesetzmä­ßigkeiten des menschlichen Gedächtnisses erklären. Unser Wissen darüber verdanken wir in erster Linie einem psychologischen Forschungszweig, der Imageryforschung genannt wird (nicht mit Imageforschung zu verwechseln): Unter Imagery versteht man die Entstehung, Verarbeitung und Speiche­rung von inneren Bildern, also von bildlichen Vorstellungen im Gehirn. Beispiel: Wenn je­mand gefragt wird, welche bildlichen Vor­stellungen er mit Marlboro verbindet, so taucht vor seinem inneren Auge der Cowboy in einer Wildwestlandschaft auf. Dieses inne­re Bild ist so klar, dass sogar die Krempe des Cowboyhutes beschrieben werdenkann. Die in der Kommunikation benutzten Bilder-et­wa eines Produktes oder einer emotionalen Szene - erzeugen im Empfänger solche inne­ren Bilder bzw. Imageryvorgänge. Von die­sen hängt es ab, wie sich die dargebotenen Bil­der auf das Verhalten auswirken. (Deswegen werden die Verhaltenswirkungen von Bil­dern oft als Imagerywirkungen bezeichnet.) Eine besondere Schwierigkeit ist die Mes­sung der Imageryvorgänge im Gehirn, weil die inneren Bilder eines Menschen oft nicht klar bewusst sind und sprachlich nur unzu­reichend ausgedrückt werden können. Da das Marketing die Wirkungen der Bildkom­munikation empirisch kontrollieren möchte, wird die Messung der inneren Bilder zu ei­nem neuralgischen Punkt der Marktfor­schung. Erste Ansätze zur Messung liegen vor {Rüge, 1988). Einige Pionierfirmen be­ginnen bereits, systematisch Imagerymes- sungen für die Praxis durchzuführen. Die für das Marketing entscheidenden Bild­wirkungen lassen sich wie folgt zusammen­fassen: - schnelle Kommunikation durch das Bild - emotionale Kraft des Bildes - überlegenes Bildgedächtnis - Verhaltens wirkung des Bildes - Manipulationseffekt des Bildes. Schnelle Kommunikation durch das Bild: Bil­der werden im Gehirn weitgehend automa­tisch, mit geringer gedanklicher Anstren­gung verarbeitet. Dadurch können Bilder besonders schnell aufgenommen werden. Um ein Bild geringer bis mittlerer Komplexi­tät aufzunehmen, benötigt der Empfänger ei­ne bis zwei Sekunden. In dieser Zeit können jedoch nur fünf bis zehn Wörter aufgenom­men werden. Also: ein Bild gegen fünf bis zehn Wörter. In den meisten Fällen wird das Bild den Wettlauf bei der Informationsver­mittlung gewinnen. Auf einen kurzen Nen­ner gebracht: Bilder sind schnelle Schüsse ins Gehirn. Die schnelle und mühelose Kommunikation durch das Bild entscheidet v. a. dann über den Kommunikationserfolg, wenn die Empfän­ger wenig involviert sind und sich der Kom­munikation nur kurz und flüchtig zuwen­den. Das ist v. a. bei der Werbung der Fall. Die mittlere Betrachtungsdauer für eine An­zeige beträgt maximal zwei Sekunden. In die­ser kurzen Zeit wird fast nur die über das Bild vermittelte Information wirksam: Abb. 1 zeigt, wieviel Zeit durchschnittlich aufgewendet werden muß, um die Sprach- unaBildinformationen einer Anzeige aufzu­nehmen (Sp. 2) und wie lange sich die Konsu­menten tatsächlich diesen Anzeigenelemen­ten zuwenden (Sp. 3). Rd. 70 % der Zeit ent­fallen auf das Bildmotiv der Anzeige, das sind 1,3 Sekunden. In dieser Zeit kann der Emp­fänger häufig die im Bild enthaltene Werbe­botschaft aufnehmen und verarbeiten. Dage­gen verdammt die kurze Betrachtungszeit des Textes die sprachliche Information zu weitgehender Wirkungslosigkeit (im einzel­nen: Kroeber-Riel, 1988). Emotionale Kraft des Bildes: Das Bild - v. a. das Foto- ist eine analoge Abbildung der Realität. Es erzeugt im Empfänger die glei­chen Wahrnehmungsbilder wie die Realität selbst. Bilder sind demzufolge in der Lage, die emotionalen Reize der Wirklichkeit zu „simulieren“. Sie erzeugen dadurch stärkere Wirkungen als die sprachliche Darstellung dieser Reize: Z.B. erzeugen erotische Bilder wesentlich stärkere emotionale Reaktionen als die sprachliche Beschreibung erotischer Reize (emotionale Werbung). Eine schnelle und wirksame emotionale Beein­flussung ist deswegen v. a. auf den Einsatz von Bildern angewiesen - aber nur von sol­chen Bildern, die ein wirksames emotionales Schema im Empfänger ansprechen, nicht von Bildern, die nur einen indirekten (symboli­schen, metaphorischen) Gehalt haben. Beispiel: Die Anzeige einer spanischen Luft­verkehrsgesellschaftsoll dadurch emotionale Wirkungen entfalten, dass das Sonnenschema angesprochen wird („Die Sonnenroute der Iberia“). Ein solcher Appell wirkt aber nur, wenn dieses Schema durch ein geeignetes Bildmotiv (das typische Sonneneigenschaf­ten wiedergibt) getroffen wird. In der Iberia- Anzeige wird nur eine Sonnenbrille darge­stellt, welche die Sonne symbolisieren soll. Eine solche indirekte symbolische Anspra­che wirkt weniger emotional als eine direkte Abbildung von Sonne. Noch weiter vom emotionalen Eindruck entfernt ist die in Abb. 2 wiedergegebene An­zeige der Swiss Air, die das Erlebnis des Ver­wöhntwerdens durch ein abstraktes Bild ver­mitteln will, in der die Erlebnisse, damit man sie überhaupt bemerkt, sprachlich angezeigt werden. Die entscheidende Regel zur Auslö­sung von emotionalen Wirkungen lautet al­so: Sprich durch das Bild ein vorhandenes in­neres Schemabild an, das emotional besetzt ist, wie Tropenschema, Mittelmeerschema, Augenschema usw. Überlegenes Bildgedächtnis: Die Auswir­kungen der Bildkommunikation auf das Ge­dächtnis wurden bisher am meisten unter­sucht. Wir können nach dem heutigen Erkenntnisstand von folgender Gesetzmä­ßigkeit ausgehen:
Bedeutung der Bildkommunikation - Reale Ereignisse werden besser erinnert als entsprechende Bilder. - Bilder werden besser erinnert als konkrete Wörter. - Konkrete Wörter werden besser erinnert als abstrakte. Die praktische Anwendung für die Kommu­nikation ist offensichtlich: Nutze Imagery- wirkungen, um die Botschaft im Gedächtnis der Empfänger zu verankern. Das bedeutet: Inszeniere soweit möglich die Botschaft durch Bilder statt durch Sprache. Beispiel: Der bildliche Vergleich von Produkteigen­schaften (klassischer „side by side-Ver- gleich“) führt zu stärkerer Erinnerung als eine rein sprachliche Darstellung der Pro­dukteigenschaften. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Anwendungsmög­lichkeiten wie die Verwendung von Bild­elementen in Markennamen oder der Einsatz visueller Markensignale, wie dem Lacoste- Krokodil oder dem Michelin-Männchen (Abb. 3). Diese Bildsignale wirken als Ge­dächtnisstütze für die Marke, sie verbessern dadurch die gedankliche Markenpräsenz. Verhaltenswirkung des Bildes: Die im Ge­dächtnis gespeicherten inneren Bilder haben einen starken Einfluß auf das Verhalten. Bei­spiel: Die bildlichen Vorstellungen, die mit einer Marke verknüpft sind, fördern die Mar­kenpräferenz und das davon abhängige Kaufverhalten. Die Verhaltenswirkungen
Bedeutung der Bildkommunikation hängen jedoch davon ab, wie „lebendig“ das innere Bild ist. Lebendigkeit („ vividness “) ist ein Fachausdruck der Imageryforschung, mit dem die Klarheit und Deutlichkeit be­zeichnet wird, mit der das Gedächtnisbild vor dem inneren Auge steht. Je lebendiger das innere Bild ist, umso stärker schlägt es auf das Verhalten durch {Rüge, 1988, Kroeber- Riel, 1986). Die Messung der Lebendigkeit innerer Bil­der kann im einfachen Fall durch eine Befra­gung mittels der Marks-Skala erfolgen, etwa bezüglich der Lebendigkeit innerer Bilder wie folgt: „Das innere Bild ist... - völlig klar und so lebendig wie die Realität - klar und ziemlich lebendig - mäßig klar und lebendig - vage und undeutlich. Ich habe überhaupt kein Bild. Ich weiß nur, dass ich an... denke.“ Genauere Messungen erhält man mit Hilfe von Bilderskalen. Die in der Kommunikation benutzten Bilder rufen nur dann lebendige und verhaltens­wirksame Gedächtnisbilder im Konsumen­ten hervor, wenn sie - einen konkreten Inhalt haben, - gestaltfest sind, - nicht austauschbar sind. Die gegenwärtige Marktkommunikation vernachlässigt in erheblichem Maße diese Er­kenntnisse. Sie fabriziert eine vorwiegend stereotype, austauschbare und wenigwirksa- me Bilderflut. Manipulationseffekt des Sz\'Wes: Es wurde be­reits hervorgehoben, dass Bilder die Realität „simulieren“. Dieser Sachverhalt begründet nicht nur die stärkeren emotionalen Wir­kungen der Bilder, sondern auch ihren Mani­pulationseffekt: Bilder werden als „zwei­te Wirklichkeit“ weniger hinterfragt als sprachliche Darstellungen. Sie werden eher als Wirklichkeit akzeptiert. Dadurch entfal­tet das Bild manipulative (= nicht durch­schaubare) Wirkungen, die sich die Werbung zunutze machen kann. Die manipulativen Wirkungen werden durch die automatische Bildverarbeitung im Gehirn unterstützt. Empirische Untersuchungen haben nachge­wiesen, dass die Konsumenten, denen durch die Werbung Bilder dargeboten werden, we­niger gedankliche Aktivitäten entfalten als die Empfänger sprachlicher Werbung und dass sie deswegen weniger innere Gegenreak­tionen gegen die Werbung entwickeln. Man hat sich deshalb von der Ansicht entfernt, es wäre generell zweckmäßig, die Empfänger dazu zu bringen, sich gedanklich mit der Werbung auseinanderzusetzen. Die passive und gedanklich wenig kontrollierte Über­nahme von Bildinformationen aus der Wer­bung kann erheblich mehr Beeinflussungs­wirkungen auslösen.    

Literatur:  Kroeber-Riel, W., Die inneren Bilder der Konsumenten. Messung - Verhaltenswirkung - Konsequenzen für das Marketing, in: MARKE­TING • ZFP, Nr. 2 (1988),
8. Jg., S. 81-94. Postman, N., Wir amüsieren uns zu Tode, Frankfurt 1985. Rüge, H.-D., Die Messung bildhafter Konsumer­lebnisse - Entwickung und Test einer neuen Meß­methode, Heidelberg 1988.

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