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Bankenaufsicht

In keinem der Länder mit einer marktwirtschaftlichen Ordnung überlässt man heute mehr die Tätigkeit der Kreditinstitute (Banken) dem freien Spiel des Wettbewerbs; überall hat man im Laufe der letzten Jahrzehnte - meist im Anschluss an Bankzusammenbrüche grösseren Ausmasses - eine staatliche Bankenaufsicht eingeführt. Dieser Eingriff in die Gewerbefreiheit ist nicht unumstritten, wird aber zumeist im Hinblick auf die gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen der Aufsicht als gerechtfertigt angesehen. Die Zielsetzungen der staatlichen Bankenaufsicht sieht man gewöhnlich darin, •   die Bevölkerung vor dem Verlust ihrer Ersparnisse zu bewahren, soweit sie diese (vor allem in Form von Spareinlagen) den Kreditinstituten anvertraut hat, •   die Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes zu erhalten, womit vor allem erreicht werden soll, dass die für die übrige Wirtschaft lebensnotwendige Kreditversorgung nicht unterbrochen wird. Die Vorschriften zur Bankenaufsicht setzen auf zwei Ebenen an: •   Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben wollen, benötigen dazu eine staatliche Genehmigung (Konzession), die nur erteilt wird, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind; vor allem werden genügend qualifizierte Unternehmensleiter sowie ausreichende haftende Eigenmittel verlangt. •   Unternehmen, die als Banken zugelassen sind, werden laufend überwacht. Während eine Konzessionspflicht auch in anderen Wirtschaftszweigen besteht, ist die darüber hinausgehende ständige Überwachung in anderen Bereichen als dem Bankgewerbe sehr selten (in der Bundesrepublik Deutschland gibt es sie nur noch im Versicherungsgewerbe). Im einzelnen ist die Aufsicht von Land zu Land sehr unterschiedlich geregelt. In einigen Ländern sind den Banken durch Gesetze oder ähnliche Vorschriften konkrete Verhaltensnormen vorgegeben (z.B. darüber, mit welchen Massnahmen das Risiko der Kreditvergabe verringert werden muss); in anderen Ländern überlässt man es weitgehend der Aufsichtsbehörde, in welcher Weise sie die Banken beaufsichtigt. Verknüpft ist die Aufsicht stets mit der Möglichkeit, notfalls in die Tätigkeit einzelner Banken einzugreifen, sofern deren Bestand gefährdet erscheint. Das reicht bis zu dem Recht, Konzessionen wieder zurückzunehmen, d. h. Banken zu schliessen. Die Aufsicht über die Kreditinstitute hat man in einigen Ländern der jeweiligen Zentralbank übertragen, die sie neben ihren geldpolitischen Aufgaben wahrnimmt (so z.B. in Grossbritannien und Italien). In anderen Ländern hat man für die Aufsicht eine eigenständige Behörde geschaffen (so z.B. in der Bundesrepublik). In Deutschland wurden erste Vorschläge für eine staatliche Aufsicht über die Kreditinstitute bereits 1874 diskutiert, wenige Jahre nach dem Erlass der Gewerbeordnung (1869), die den Grundsatz der Gewerbefreiheit aufgestellt hatte. Den Anstoss zu einer gesetzlichen Regelung gab jedoch erst eine Bankenkrise grösseren Ausmasses im Jahre 1931. Eine unmittelbar danach erlassene Notverordnung und das Kreditwesengesetz (KWG) von 1934 unterwarfen erstmals in Deutschland alle Kreditinstitute der Erlaubnispflicht und einer laufenden Staatsaufsicht. Das Gesetz wurde 1939 novelliert und 1961 mit einer erneuten Novellierung in die derzeit geltende Fassung gebracht. Seither ist es wiederholt in Einzelpunkten abgeändert worden. Spezielle Aufsichtsbehörde, die insb. die Einhaltung der Vorschriften des Kreditwesengesetzes überwacht, ist das Bundesauf- sichtsamt für das Kreditwesen, eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen. Da das Amt personell nicht sehr stark besetzt ist, wird es bei der laufenden Aufsicht durch die Deutsche Bundesbank unterstützt.   Literatur: Müller, W. A., Bankenaufsicht und Gläubigerschutz, Baden-Baden 1981. Niethammer, T., Die Ziele der Bankenaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1990.

Überwachung der Kreditinstitute (Banken) und der - Finanzdienstleistungsinstitute durch den Staat. Sie ist in Deutschland v.a. im Gesetz über das Kreditwesen (KWG) geregelt. Ihre Ziele sind Gläubigerschutz und Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Banken- und Finanzsektors. Für bestimmte Kreditinstitute, z.B. - Sparkassen und Girozentralen, besteht außerdem eine behördliche Sonderaufsicht. Die Wertpapier- und Derivategeschäfte der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute unterliegen auch den Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG). Die staatliche Überwachung der Institute ist in einer Marktwirtschaft vor allem aus folgenden Gründen gerechtfertigt: a) Von einer Insolvenz ist i.d.R. ein viel größerer Gläubigerkreis betroffen als vom Zusammenbruch anderer Unternehmen. b) Die meisten Institutsgläubiger sind schutzwürdig, weil sie der Bank bzw. dem Finanzinstitut einen Großteil ihres Vermögens ohne besondere Sicherheiten anvertraut haben, kaum in der Lage sind, die Bonität des Instituts zu beurteilen und zu überwachen (Marktversagen wg. asymmetrischer Informationsverteilung) und in der Regel nicht über nennenswerte Verhandlungsmacht verfügen. c) Schwierigkeiten eines Instituts - v.a. einer Bank - können Unruhe unter den Kunden anderer Institute hervorrufen, diese Unternehmen in ihrer Existenz bedrohen und gesamtwirtschaftliche Risiken nach sich ziehen, wenn die zentrale geldwirtschaftliche Rolle der Institute, insbes. der Banken, gefährdet wird. Zu den gesamtwirtschaftlichen Risiken gehört auch die Gefahr einer Beeinträchtigung der - Geldpolitik. Sie ist auf ein funktionsfähiges Finanzsystem angewiesen, da ihre Aktionen vor allem über Kreditinstitute laufen. Ausgeübt wird die allgemeine Institutsaufsicht in Deutschland vom - Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, der Deutschen Bundesbank sowie den Instanzen der Wertpapierhandelsaufsicht, v.a. vom Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel. Dem Kreditwesengesetz unterliegen grundsätzlich alle inländischen Unternehmen, die Bankgeschäfte betreiben oder Finanzdienstleistungen anbieten, und zwar gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Für Zweigstellen ausländischer Banken mit Sitz in einem EU-Staat ist in erster Linie der Aufsicht des Heimatlandes zuständig, andere Auslandsinstitute sind grundsätzlich inländischen gleichgestellt (§§ 53, 53 b, c KWG). Ihre Ziele versucht die Bankaufsicht vor allem mit Hilfe von qualitativen und quantitativen Normen und den zu ihrer Durchsetzung vorgesehenen Maßnahmen zu erreichen. Wichtige qualitative Anforderungen sind: a) Wer in Deutschland Bankgeschäfte betreiben will, benötigt eine Erlaubnis, ausgenommen EU-Auslandsbanken. Die Geschäftsleiter müssen fachlich qualifiziert und persönlich zuverlässig sein. Eine Bank muss mindestens zwei Geschäftsleiter haben, womit der Gefahr risikoreicher Alleinentscheidungen vorgebeugt werden soll. Die Inhaber bedeutender Beteiligungen an Kreditinstituten müssen den im Interesse einer soliden und umsichtigen Bankgeschäftsführung zu stellenden Ansprüchen genügen. Analoge Bestimmungen gelten für Finanzdienstleistungsinstitue (§§ 32 ff, 53 b, c KWG). b) Alle Geschäftsleiter müssen über die Gewährung und Aufstockung von Großkrediten (Ausleihungen ab 10% des haftenden Eigenkapitals) einstimmig beschließen (§§ 13, 13 a KWG) und tragen Verantwortung für die Organisation und Abwicklung von Handelsgeschäften, worunter insbes. Geschäfte mit Wertpapieren, Derivaten und Devisen zu verstehen sind (bankaufsichtliche »Mindestanforderungen an das Betreiben von Handelsgeschäften der Kreditinstitute «, §§ 31 ff. WpHG und zugehörige Richtlinien). c) Auch bei der Organisation und Abwicklung anderer Geschäfte haben Kredit-und Finanzinstitute bankaufsichtliche Anforderungen zu erfüllen, beispielsweise bei der Bonitätsprüfung von Kreditschuldnern (Bilanzvorlage), der Risikosteuerung und -kontrolle (einschl. der Anwendung hauseigener Risikomeßverfahren im Rahmen des Grundsatzes I gem. §§ 10, 10 a KWG), der Innenrevision und der allgemeinen Organisation des Geschäftsbetriebes. Generell erwartet die Bankenaufsicht, dass ein Kreditinstitut die (allerdings nicht kodifizierten) Grundsätze ordnungsgemäßer und sicherheits- sowie ertragsorientierter Bankgeschäftsführung beachtet (§§ 6, 18, 25 a KWG, §§ 33 ff. WpHG, Verordnungen und Verlautbarungen der Aufsicht). d) Unter Risikogesichtspunkten beobachtenswerte Geschäfte, Geschäftsvolumina und Vorgänge sind zu melden, so Groß-und Millionenkredite, Übernahme und Aufstockung von Beteiligungen, Geschäftsleiterwechsel, größere Verluste, Fusionsabsichten. Außerdem sind zur laufenden Überwachung Monats- und Jahresbilanzen, Prüfungsberichte zu Jahresabschlüssen — für deren Inhalt es wiederum detaillierte Richtlinien gibt — und monatliche Nachweise der Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung nach den Grundsätzen I und II einzureichen. Käufe und Verkäufe von börsennotierten Wertpapieren und Derivaten müssen zur Prüfung auf Verdachtsmomente für Insidergeschäfte dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel gemeldet werden. Außer Abschlußrevisionen sind weitere reget- und außerplanmäßige Prüfungen vorgesehen. Schließlich haben die Institute Auskünfte zu erteilen (§§ 2 b, 10 ff, 24, 24 a, 25, 26, 44 — 44 c KWG §§ 9, 35, 36 WpHG, Verordnungen und Verlautbarungen der Aufsicht). Wichtige quantitative Anforderungen sind: a) Ausreichende Eigenmittelausstattung, insbes. im Verhältnis zu den die Eigenmittel bedrohenden Ausfall- und Marktpreisrisiken, sowohl bei Gründung (§§ 32, 33 KWG) als auch im laufenden Geschäftsbetrieb (§§ 10, 10a i.V.m. dem Grundsatz I). Grundsatz I schreibt eine Unterlegung von Ausfall- und Marktpreisrisiken in bilanziellen und außerbilanziellen Positionen vor. Für Bilanzaktiva (insbes. Kredite) und außerbilanzielle Geschäfte, gewichtet mit allgmeinen Risiko-Bewertungssätzen, sind mindestens 8% des haftenden Eigenkapitals vorzuhalten. Danach verbleibende Eigenmittel dienen zusammen mit sog. Drittrangmitteln zur Absicherung der Anrechnungsbeträge für Marktpreisrisiken, insbes. aus Zins-, Aktien- und Fremdwährungsgeschäften. Besonders detaillierte und komplexe Regelungen gelten für das sog. Handelsbuch (v.a. Wertpapiere und Finanzderivate aus dem Eigenhandel), die allerdings nur einzuhalten sind, wenn das Handelsbuchvolumen die Bagatellgrenzen überschreitet. b) Großkredite dürften im Einzelfall 25% und in ihrer Gesamtheit das 8-fache der Eigenmittel nicht übersteigen. In Ausnahmefällen genehmigte Überziehungen sind mit Eigenkapital zu unterlegen. Im Handelsbuch gelten weitere Überziehungsvoraussetzungen (§§ 13, 13 a, 21,64d KWG, Groß- und Millionenlcreditverordnung). Mit diesen Vorschriften sollen die Größenstreuungsrisiken im Kreditgeschäft in Grenzen gehalten werden. c) Limitierung der Beteiligungen von Einlagenkreditinstituten an Unternehmen des nichtfinanziellen Sektors auf 15% im Einzelfall und in der Summe auf 60% des haftenden Eigenkapitals des Instituts, es sei denn, der höhere Anteilsbetrag ist durch dafür reserviertes Eigenkapital gedeckt und von der Aufsicht genehmigt (§ 12 KWG). Damit sollen Anteilseignerrisiken eingeschränkt werden. d) Um die Mehrfachbelegung des Eigenkapitals mit risikotragenden Geschäften in Institutsgruppen und Finanzholdinggruppen zu verhindern, müssen diese ihr Eigenkapital und die relevanten Bilanzpositionen konsolidieren (§§ 8 a, 10 a, 12, 12 a, 13 b, 25 KWG). e) Mindestvorschriften zur Liquiditätsausstattung enthält der Grundsatz II gem. § 11 KWG. Danach dürfen die Zahlungsmittel (v.a. Barreserve, Geldhandelslinien, börsengängige Wertpapiere) nicht geringer sein als die innerhalb eines Monats fälligen Zahlungsverpflichtungen. Die den Aufsichtsbehörden einzureichenden Unterlagen, insbes. die Prüfungsberichte und die Meldungen zu den Grundsätzen I und II, erlauben es zum einen, die Einhaltung der aufsichtlichten Normen zu überwachen. Zum anderen bieten sie, ggf. ergänzt um Auskünfte und Gespräche, die Grundlage für eine Gesamtbeurteilung der Institute, vor allem wenn ein kennzahlengestütztes Bonitätsbeurteilungssystem verwendet wird. Hierbei spielen nicht nur die zahlenmäßig faßbaren Aspekte, insbes. das Volumen und die Zusammensetzung der Risiken und der Risikotragfähigkeit, eine Rolle, sondern auch die Qualität der Unternehmensführung, des Fachpersonals sowie der Organisation und Handhabung der Geschäfte. Die Bankenaufsicht kann und soll allerdings Insolvenzen von Kredit- und Finanzinstituten nicht völlig ausschließen, da sie den marktwirtschaftlichen Rahmen sowie die Praktikabilität und notfalls Justiziabilität ihrer Normen und Anordnungen zu beachten hat. Die Reaktion- und Sanktionsmöglichkeiten der Aufsicht reichen von Hinweisen und Empfehlungen über Mißbilligungen, Verwarnungen, Bußgeldern und Geschäftsbeschränkungen (z.G. Kreditverbot) bis zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern und zur Betriebsschließung (v.a. §§ 6, 35, 36, 45 ff. KWG). Ergänzt wird die Bankenaufsicht durch die Einlagen- und Anlegersicherung. Innerhalb der EU sind die wichtigsten bankaufsichtlichen Bestimmungen vereinheitlicht.       Literatur: Hoffmann, G./Werner, J.: Der neue Liquiditätsgrundsatz II — eine bankaufsichtliche Beurteilung, Sparkasse 1/99, S. 23 ff. Honeck, G.: Betriebswirtschaftliche Kennzahlen im Dienste der Bankenaufsicht; Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Heft 4/1986. Honeck, G.: Anlegerschutz und Grauer Kapitalmarkt; Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Heft 14/1994. Jung, M./Schleicher, B.: Neue gesetzliche Regelungen für Finanzdienstleister. Die
6. KWG-Novelle; Berlin 1998 Schierenbeck, H./Hölscher, R.: BankAssurance. Institutionelle Grundlagen der Bank- und Versicherungsbetriebslehre; 4. Aufl., Stuttgart 1998, S. 107 ff.

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