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Investitionsgütermarketing

(engl. capital goods marketing, industrial marketing) Das Investitionsgütermarketing bildet das Gegenstück zum Konsumgütermarketing. Investitionsgütermarketing ist eine sektorale Form des Marketing, die sich im Gegensatz zum Konsumgütermarketing nicht mit Privatpersonen als Kunden beschäftigt, sondern mit gewerblichen Abnehmern, die eine Be- oder Verarbeitung der angebotenen Leistungen und Produkte vornehmen oder diese unverändert an andere Organisationen zur Veredelung weiterleiten. Die Besonderheit des Investitionsgütermarketing liegt damit weniger in spezifischen Eigenschaften der Produkte, sondern vor allem in der Art der Abnehmergruppe, die i. d. R. mehrere Personen aktiv am Kaufentscheidungsprozess beteiligt (so genanntes Buying-Center-Konzept). Kaufentscheidungen von Investitionsgütern sind neben der Multipersonalität vor allem durch multiprozessuale und multitemporale Eigenschaften geprägt. Hierdurch ergeben sich beim Einsatz des Marketing-Mix teilweise erhebliche Unterschiede zum Konsumgütermarketing. Insbesondere der direkte, persönliche Kontakt (Personal Selling), die Individualisierung von Produkt und Serviceangeboten sowie die Finanzierungs und Vertragspolitik haben im Investitionsgütermarketing eine sehr große Bedeutung. Das gilt vor allem für das so genannte Anlagen und das Zuliefergeschäft. Bei diesen Geschäftstypen ist der Abnehmerkreis bekannt, und die Marketing Maßnahmen werden speziell auf die Anforderungen der einzelnen Kunden zugeschnitten. Das so genannte Produktgeschäft, bei dem standardisierte Massenprodukte (z. B. Schrauben) auf anonymen Märkten weltweit abgesetzt werden, unterscheidet sich hingegen beim Marketing Mix insatz nur unwesentlich von der Konsumgütervermarktung.

Das Investitionsgütermarketing unterscheidet sich nicht grundsätzlich vom Konsumgütermarketing (Marketing), hat jedoch spezifische Schwerpunkte und Ausprägungen für die Marketinginstrumente und Marketingstrategien. Je nach Umfang der vom Hersteller angebotenen Leistungen können grundsätzlich drei Formen des Investitionsgütermarketing unterschieden werden:
•   Produktgeschäft,
•   Anlagengeschäft,
•   Systemgeschäft (systems selling).

Während beim Produktgeschäft lediglich einzelne (meist standardisierte) Produkte Gegenstand des Geschäfts sind, umfasst das Anlagengeschäft eine auf die individuellen Probleme des Abnehmers ausgcrichtete Kombination von Produkten zu kompletten Anlagen. Im Mittelpunkt des systems selling steht ein Anlagengeschäft, das durch ein umfangreiches Softwarepaket sog. investiver Dienstleistungen zu einem kompletten Problemlösungssystem erweitert worden ist.

Im Bemühen, theoretische Ansätze zum Investitionsgütermarketing zu entwickeln, haben sich bislang folgende Entwicklungslinien herausgestellt:
•   Absatztheoretische und Marketing-Management-Ansätze,
•   Ansätze zum individuellen Kaufverhalten,
•   Ansätze zum organisationalen Kaufverhalten,
•   personale und organisationale Interaktionsansätze.

Vielversprechend ist die Theorie organisationaler Beschaffungsprozesse, da sich gerade hierin das Investitionsgütermarketing vom Konsumgütermarketing fundamental abhebt. Kauf- bzw. Verkaufsprozesse bei Investitionsgütern sind nämlich häufig im Gegensatz zum Konsumgütersektor multitemporal, multioperativ, multipersonal und multiorganisational.

Eine wesentliche Managementaufgabe stellt deshalb die Informationsbeschaffung über die Struktur organisationaler Kaufentscheidungsprozesse dar. Als wichtige Determinanten organisationaler Beschaffungsentscheidungen gelten:
•   Individuelle Faktoren (Einflüsse, die in der Person des Aufgabenträgers begründet sind),
•   sozial-informale Faktoren (informale Beziehungen und Beeinflussungen zwischen den Aufgabenträgern im Entscheidungszentrum oder organisationsexternen Personen),
•   formal-organisatorische Faktoren (Beeinflussungen durch die Formalstruktur zwischen den Aufgabtnträgern),
•   Umfeldfaktoren (Einflussfaktoren, deren Ursprung oder Willenszentrum ausserhalb der betrachteten Organisationseinheit liegt).

Mit zunehmender Komplexität der angebotenen Güter nehmen auch Umfang und Dauer des Verkaufsprozesses zu. Dieser lässt sich in sechs Phasen untergliedern:
•   Vor-Anfragenphase,
•   Anfragen- bzw. Vorstudienphase,
•   Angebotsphase,
•   Nachverhandlungsphase,
•   Lieferphase,
•   Gewährleistungsphase.

Neben der Festlegung des gewünschten Leistungsumfangs steht hierbei die Preis- und Konditionenbestimmung im Zentrum der Verhandlung, die von folgenden Problembereichen beeinflusst wird:
•   Teilweise Fehlen von Marktpreisen als Vergleichsmassstab,
•   hohe Preistransparenz aufgrund weniger Anbieter,
•   relativ hoher Anteil eines Einzelauftrags am Gesamtumsatz eines Unternehmens,
•   Möglichkeit der Finanzierung des Auftrages während und nach der Lieferung,
•   Probleme der Vermarktung von Kompensationsware.

Sonderprobleme ergeben sich für solche Anbieter, deren Produkte an Börsen gehandelt werden oder die ihre Angebote im Rahmen von Submissionen (Ausschreibungen) abgeben müssen. Während im ersten Fall ein Unternehmen allenfalls als Mengenanpasser agieren kann, helfen im zweiten Fall sog. com- petitive-bidding-Modelle, den optimalen Preis zu finden.

Bisher wurde mit diesem Begriff die Vermarktung von Maschinen und Anlagen bezeichnet. Jetzt steht er für den Verkauf von Produktnutzen und künftig meint er die individuelle Kunden-Problemlösung. Die Krise der Investitionsgüterindustrie war vor allem auch auf Schnittstellenprobleme zwischen Hersteller und Abnehmer zurückzuführen. Weil sich Produzenten weitgehend auf den Konkurrenzkampf um die höchste Qualität und die fortschrittlichste Technik konzentrierten, orientierten sie sich nicht mehr an den konkreten Bedürfnissen ihrer Kunden. Investitionsgüter-Marketing wird heute als Problemlösungs Marketing verstanden. Sie stellt nicht mehr die technische Kompetenz in den Mittelpunkt, sondern die Fähigkeit, Kunden in den wirtschaftlichen Erfolg zu führen. Die Voraussetzung ist, dass sich die Investitionsgüterindustrie zum Herstellungs-Dienstleister entwickelt. So umfasst das Problemlösungspaket nicht nur die Produktionsanlage selbst, sondern auch deren Finanzierung, die Integration in den Herstellungsprozess, Schulung und Training der Mitarbeiter, Wartung, Reparatur und Notdienst. Das moderne Investitionsgüter-Marketing beginnt schon bei der kundenorientierten Produktentwicklung bzw. bei der Bedarfsforschung beim Kunden. Gemeinsam mit ihm wird ermittelt, welche Faktoren ihn im Wettbewerb seiner Märkte behindern bzw. welche seine Ertragssituation beeinträchtigen. Bei dieser Schwächenanalyse kann es sich bspw. herausstellen, dass die Produktionskosten zu hoch, der Ausschuss zu groß oder die Lieferfrist zu lang ist. Dann erfolgt die Ursachenforschung. Das Ergebnis wird zum Auftrag an die Forschungs- und Entwicklungsabteilung, technische Lösungen für die Beseitigung dieser Schwachpunkte des Herstellungsprozesses zu finden.
Durch diesen engen Kundendialog eröffnen sich für die Investitionsgüterindustrie immer wieder neue Bedürfnisnischen; darüber hinaus erhält sie immer wieder neue marktorientierte Innovations-Impulse.

Unter Investitionsgütermarketing versteht man die Vermarktung von Investitionsgütern auf kleinen Märkten, auf denen persönliche Kontakte von großer Bedeutung sind.

Der entscheidende Unterschied zum Konsumgütermarketing besteht darin, dass der Vermarktungsprozess durch persönliche Interaktion zwischen Anbietern und Nachfragern erfolgt und nicht auf einem eher anonymen Massenmarkt.

Regelmäßig sind daher die Beziehungen zwischen den Marktteilnehmern relativ stabil und langfristig orientiert.

Auf den Investitionsgütermärkten herrscht in der Regel mehr Transparenz.

Investitionsgüter sind in enger Abgrenzung materielle und immaterielle Wirtschaftsgüter, die von gewerblichen Unternehmen oder sonstigen Organisationen nachgefragt und innerhalb dieser Organisationen zum Zwecke der längerfristigen Nutzung eingesetzt werden. Im Gegensatz zu den Produktionsgütern stellen sie die Teilmenge der Produktivgüter dar, die im Leistungser-stellungsprozess weder unverändert noch verändert in die Erzeugnisse (Leistungen) eingehen oder durch Verbrauch untergehen; sie werden zum Zwecke der Produktion anderer Güter bzw. Erstellung neuer Leistungen eingesetzt. Es handelt sich um Güter, die durch die Merkmale institutioneller Verbleib und zeitliche Inanspruchnahme gekennzeichnet sind (vgl. Wagner, 1978a, S. 270).

Die Investitionsgüter stellen keine homogene Gruppe von Wirtschaftsgütern dar, sondern sie bilden ein breites Spektrum (Investttionsgfltertypologie). Abnehmer sind vorrangig Industriebetriebe; der Abnehmerkreis ist jedoch nicht auf diese Gruppe beschränkt. So sind auch Handelsunternehmen Nachfrager von Investitionsgütern, z.B. von Hochregallagersystemen.

Anders als im Konsumgütemarketing kommt immateriellen Gütern, z.B. Dienstleistungen, oftmals eine Schlüsselstellung im Investitionsgütermarketing zu, so im Anlagengeschäft und insbesondere im Systemgeschäft.

Wenngleich das Spektrum der Investitionsgüter sehr heterogen ist, lassen sich einige wesentliche Merkmale des Marketing für Investitionsgüter herausstellen. Hierzu zählen:

- das organisationale Beschaffungsverhalten und
- die Interaktion von Hersteller und Verwenderorganisationen.

Besonderheiten des orgamsationalen Beschaffungsverhaltens sind (vgl. Backhaus, 1999, S. 57ff.):

- kollektive EntScheidungsprozesse (Gruppenentscheidung)

- hoher Formalisierungsgrad der Entscheidungsfindung und des Beschaffungsablaufs

- Bedeutung von Anreiz- und Sanktionsmechanismen

- EDV-Unterstützung (Automatisierung) von Beschaffungsentscheidungen

- Fremddeterminiertheit von Beschaffungsentscheidungen, z.B. in Form vorgeschriebener Sublieferanten

- Prozessorientierung der Beschaffungsentscheidung (Beschaffungsentscheidungsprozess)

- Multiorganisationalität des Kaufprozesses.

Kennzeichnend für das Investitionsgütermarketing ist, dass Marketing in erster Linie in der Interaktion geleistet wird und nicht an einem anonymen, passiven Markt, der für Konsumgüter typisch ist (Inter-ahtionsansatz). Charakteristisch ist weiterhin die Langfristigkeit des Beziehungsgefüges zwischen Herstellern und Abnehmern von Investitionsgütern, d.h. eine gewisse Stabilität der Marktbeziehungen.

Backhaus (1999, S. 289) gliedert die Transaktionsprozesse bei Investitionsgütern in Individual- und Routinetransaktionen. Während Individualtransaktionen durch einzelkundenbezogene, komplexe Verhandlungsprozesse gekennzeichnet sind, zeichnen sich Routinetransaktionen durch eine hohe Wiederholungshäufigkeit mit einer starken Tendenz zu habitualisiertem Verhalten aus (Habituelles Kaufverhalten).

Bei weiter Abgrenzung des Begriffs in vestitionsgut werden dazu auch die Pro duktionsgüter gerechnet (vgl. Engelhard/ Günter, 1981); Produktivgütermarketing wird dann mit Investitionsgütermarketing (i.w.S.) gleichgesetzt.

Siehe auch Produktionsgütermarketing,

Literatur: Backhaus, K., Investitionsgütermarketing, 3. Aufl., München 1992.
Engelhardt, W. H.! Günter, B., Investitionsgütermarketing, Stuttgart u.a. 1981.
Kirsch, Kutschker, Lutschewitz, H., Ansätze und Entwicklungstendenzen im Investitionsgütermarketing, 2. Aufl., Stuttgart 1980.

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