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Wechselkurstheorie

befasst sich zum einen mit der Frage, wie Änderungen des Wechselkurses auf wichtige volkswirtschaftliche Grössen (Zahlungsbilanz, Volkseinkommen, terms of trade, Preisniveau usw.) wirken, zum anderen damit, welche Faktoren ihrerseits die Höhe des Wechselkurses und seiner Veränderungen am Devisenmarkt in der kurzen und längeren Frist bestimmen. In beiden Fällen weist die Wechselkurstheorie dabei Gemeinsamkeiten mit der Zahlungsbilanztheorie auf. (1) Änderungen des Wechselkurses (Aufwertungen und —Abwertungen) haben bedeutsame Rückwirkungen auf alle aussenwirtschaftlichen Transaktionen, insb. die Leistungstransaktionen (und die damit eng verbundenen binnenwirtschaftlichen Grössen wie Volkseinkommen und Preisniveau). Die Marshall-Lerner-Bedingung und/oder die Robinson-Bedingung geben z.B. eine Antwort darauf, unter welchen Voraussetzungen der Leistungsbilanzsaldo eines Landes bei Wechselkursänderungen "normal" reagiert, d.h. sich bei einer Abwertung erhöht oder bei einer Aufwertung vermindert. Veränderungen des Leistungsbilanzsaldos haben Rückwirkungen auf das inländische Volkseinkommen und die inländische Absorption (Exportmultiplikator, Absorptionstheorie). Ferner verschieben Wechselkursänderungen die Preisverhältnisse zwischen den Ausfuhr- und Einfuhrgütern, so dass es dadurch zu einer Veränderung der terms of trade kommen kann (reales Austauschverhältnis). Solche Veränderungen haben ihrerseits Rückwirkungen auf das interne Preisniveau. Wechselkursänderungen wirken nicht nur auf die internationalen Leistungstransaktionen, sondern auch auf den internationalen Kapitalverkehr. Eine allgemeine Theorie, wie Wechselkursänderungen die internationalen Kapitalbewegungen beeinflussen, existiert noch nicht. Die Frage, welche Auswirkungen Wechselkursänderungen auf andere makroökonomische Variablen haben, wird primär gestellt, wenn solche Änderungen, wie z. B. in einem Festkurssystem (Wechselkurssystem) mit einem adjustable peg, nur in grösseren Zeitabständen und in einem beachtlichen Umfange abrupt erfolgen. (2) Finden die Wechselkursänderungen hingegen in einem System flexibler Wechselkurse statt, in dem sich die Devisenkurse durch Angebot und Nachfrage am Devisenmarkt weitgehend ohne Interventionen staatlicher Instanzen frei bilden und tagtäglich ändern können, so wird von der Wechselkurstheorie vornehmlich die Frage nach den Bestimmungsfaktoren für das Devisenangebot (Devisennachfrage) und dessen Veränderung gestellt, d. h. es werden die Determinanten des Wechselkurses und seiner Veränderung in der kurzen oder längeren Frist untersucht. Eine der ältesten Theorien zur Erklärung des Wechselkursstandes und seiner Veränderung ist die von Gustav Cassel begründete Kaufkraftparitätentheorie in ihrer absoluten oder komparativen Fassung, die den Wechselkurs zwischen zwei Währungen in der langen Frist primär, wenn nicht gar ausschliesslich, von der Kaufkraft der beiden Währungen und ihrer Veränderungen bestimmt sieht, wobei die Ursachenkette von Veränderungen der Kaufkraft (Preisniveau) zu Veränderungen des Wechselkurses läuft. Nach dieser Theorie werden das Angebot an und die Nachfrage nach Devisen auf Dauer von den internationalen Güterbewegungen und der dadurch bedingten Tendenz zur Verwirklichung des Gesetzes des einheitlichen Preises bestimmt. Die Kaufkraftparitätentheorie ist umstritten; insb. in ihrer absoluten Fassung kann sie nicht als logisch konsistent gelten. Zudem haben viele empirische Untersuchungen gezeigt, dass es bei flexiblen Wechselkursen, insb. durch den internationalen Kapitalverkehr, kurzfristig zu nicht unbeträchtlichen Abweichungen der tatsächlichen Wechselkurse von den Kaufkraftparitätskursen kommen kann. Die Finanzmarkttheorie der Wechselkurse, die die Wechselkurse als Bestandshaltepreise für Vermögensaktiva in den verschiedenen Währungen interpretiert und die infolgedessen auch kurzfristige Schwankungen und Abweichungen von der Kaufkraftparität besser begründen kann, hat daher in den letzten Jahren als Erklärungsansatz für die kurzfristigen Wechselkursveränderungen in einem System flexibler Wechselkurse zunehmend an Bedeutung gewonnen. Neben den Fragen nach den Wirkungen von Wechselkursänderungen und den Bestimmungsgründen für die Höhe bzw. Veränderung von Wechselkursen befasst sich die Wechselkurstheorie noch mit den Auswirkungen unterschiedlicher Wechselkurssysteme auf bestimmte wirtschaftspolitische Zielsetzungen (z. B. Preisniveaustabilität, hoher Beschäftigungsstand, aussenwirtschaftliches Gleichgewicht). Es werden insb. die internationale Übertragung von Inflation (importierte Inflation, internationaler Preiszusammenhang) und von Konjunkturschwankungen in unterschiedlichen Wechselkurssystemen sowie Möglichkeiten eines dauerhaften Zahlungsbilanzausgleichs bei festen und flexiblen Wechselkursen und dem dazu notwendigen Einsatz wirtschaftspolitischer Instrumente untersucht.        Literatur: Jarchow, H.-J./Rühmann, P., Monetäre Aussenwirtschaft, Bd. I, 3. Aufl., Göttingen 1991. Rose, K., Wechselkurs, in: HdWW, Bd. 8, Stuttgart u.a. 1980, S. 576 ff.

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