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Agenda 2000

von der EU-Kommission erstelltes Dokument über breitere Perspektiven der Entwicklung und Politik der Europäischen Union, den Beitritt mittel- und osteuropäischer Länder und den künftigen Finanzrahmen unter Berücksichtigung der Erweiterung der EU, das am 16.7.1997 dem Europäischen Parlament vorgelegt wurde. Nach zeitweise strittig geführten politischen Verhandlungen, die von Protesten aus Landwirtschaft und südeuropäischen Ländern begleitet waren, wurde auf der Tagung des Europäischen Rats in Berlin vom 24 bis 25.3.1999 eine Gesamteinigung über die Agenda 2000 erreicht, die vom ursprünglichen Entwurf stellenweise wesentlich abweicht und von den Parlamenten der 15 EU-Mitgliedstaaten zu ratifizieren ist. Kernstück der Agenda 2000 sind Reformen der Agrar- und Strukturpolitik sowie ein Neuer Finanzrahmen für die EU zur Vorbereitung der Osterweiterung. Die künftigen Gemeinsame Agrarpolitik ist an den Zielen Wettbewerbsfähigkeit, Lebensmittelsicherheit und —qualität, Stabilität landwirtschaftlicher Einkommen, Umweltschutz und alternative Beschäftigungsmöglichkeiten für Landwirte ausgerichtet. Über Absenkungen von Stützpreisen wird eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit auf den Weltmärkten und eine Drosselung der Agrarproduktion zwecks Stabilisierung der realen Agrarausgaben des EU-Haushalts angestrebt. Beschlossen wurde u.a. eine Senkung der Interventionspreise für Getreide in den Wirtschaftsjahren 2000/01 und 2001/02 um jeweils 7,5%, in der Milchwirtschaft schrittweise Preissenkungen um insges. 15% ab 2005/06, für den Rindfleischsektor stufenweise Rücknahme der Interventionspreise um insges. 20% ab dem Jahr 2000. Der Einkommensrückgang wird durch Direktzahlungen kompensiert (z.B. Erhöhung der Flächenprämien, Pauschalbeihilfen in Abhängigkeit von betrieblichen Milchquoten, Prämien auf Stückzahlbasis der Tierhaltung). Die bisherige Gemeinsame Agrarpolitik wird um den Bereich Entwicklung des ländlichen Raumes (Erhaltung naturnaher Lebensräume, ökologischer Anbau, Dorferneuerung, alternative Erwerbsmöglichkeiten) ergänzt. Der Reformbedarf in der Agrarpolitik erlangt durch den anstehenden Beitritt mittel- und osteuropäischer Länder zusätzliches Gewicht. Allokative Ineffizienzen mit Wohlfahrtsverlusten sowie Kostenbelastungen der Verbraucher würden bei Fortführung der bisherigen Agrarpolitik auch auf die Beitrittsländer ausgedehnt. Außerdem würde aufgrund des Ausmaßes an Produktionsflächen und künftiger Produktivitätssteigerungen in den Beitrittsländern unter den bisherigen agrarpolitischen Regelungen ein zusätzlicher Mittelbedarf entstehen, der nach Schätzungen zwischen 5 Mrd. und 38 Mrd. Euro liegen könnte. Es wird daher angezweifelt, ob die agrarpolitischen Reformen der Agenda 2000 auch im Hinblick auf Finanzierung die Osterweiterung ausreichend sind. In der Strukturpolitik wird eine Abkehr vom Gießkannenprinzip sowie stärkere Orientierung der Förderung nach sachlichen und regionalen Gesichtspunkten angestrebt. Die Förderung über die -9 Strukturfonds wird künftig an drei Zielen ausgerichtet. Ziel 1 stellt auf die Förderung von Entwicklung und struktureller Anpassung von Regionen mit Entwicklungsrückstand ab (Pro-Kopf-BSP weniger als 75% des EU-Durchschnitts, darunter die fünf neuen Bundesländer, Regionen Griechenlands, Irlands, Italiens, Portugals und Spaniens). Nach Ziel 2 wird die wirtschaftliche und soziale Umstellung von Gebieten mit strukturellen Schwierigkeiten unterstützt (z.B. Regionen mit Industrie- und Dienstleistungssektor in sozioökonomischem Wandel wie das Ruhrgebiet, Problemgebiete in Städten, rückläufige ländliche Regionen). Gemäss Ziel 3 werden Anpassung und Modernisierung von Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungspolitiken und -systemen gefördert. Von den Strukturfondsmitteln sind rd. 70% für Ziel 1 vorgesehen und jeweils etwa 12% für Ziel 2 und
3. Für drei von der Kommission unmittelbar durchgeführte Gemeinschaftsinitiativen (INTERREG: grenzüberschreitende Zusammenarbeit; EQUAL: Abbau beruflicher Diskriminierungen; LEADER: Entwicklung ländlichen Raumes) werden 5% der Strukturfondsmittel verwendet. Der nach Ziel 1 und 2 förderfähige Teil der EU-Bevölkerung soll bis 2006 auf etwa 35% bis 40% zurückgehen (1998/99 rund 50%). Der Europäische Rat entschied sich zur Fortführung des    Kohäsionsfonds als zweiter Säule der Strukturpolitik, aus dem Mittel für Umwelt- und transeuropäische Netze für Mitgliedstaaten bereitgestellt werden, deren BSP pro Kopf weniger als 90% des EU-Durchschnitts beträgt (Förderungsländer: Spanien, Portugal, Griechenland, Irland). Die Strukturpolitik steht wegen ihrer Umverteilungskomponente im Sinne eines Finanzausgleichs zwischen Mitgliedstaaten unter Kritik. Strittig ist auch, ob die Annäherung der Einkommen und Lebensverhältnisse in der EU nach der gegenwärtigen strukturpolitischen Praxis Effizienz-und Subsidaritätskriterien standhält. Weiter wird bezweifelt, ob die angesetzten Beträge für Strukturförderung der Beitrittsländer unter Beibehaltung der bisherigen Vergaberegelungen ausreichend sind. Nach Schätzungen könnten für die Beitrittsländer (ohne Zypern) Bruttokosten (d.h. ohne Ansatz der Beiträge neuer Mitglieder) von jährlich 20 Mrd. Euro anfallen. Darüber kann weiterer Mittelbedarf im Zuge einer zweiten Osterweiterung anstehen. In der Agenda 2000 sind der Beitrittsproblematik ausführliche Stellungnahmen der Kommission zu den Aufnahmeanträgen von zehn mittel- und osteuropäischen Staaten gewidmet. Als politische und wirtschaftliche Beitrittskriterien ( Beitrittsbedingungen bzw. Umsetzung mit Obergangszeiten) werden u.a. genannt: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, funktionsfähige Marktwirtschaft und Bestehen gegenüber Marktkräften und Wettbewerb, Bekenntnis zu Zielen der politischen Union und der Europäischen Wirtschaftsund Währungsunion, Obernahme des Besitzstandes an Gemeinschaftsrecht. Als Beitrittsstrategien werden für jedes beitrittswillige Land Heranführungsmaßnahmen in einer „Partnerschaft für den Beitritt" mit konkreten Verpflichtungen des Bewerberslandes (Demokratie, makroökonomische Stabilität, Umstrukturierungen, Gemeinschaftsrecht, Zeitplan) und Mittelbereitstellung zur Vorbereitung auf den Beitritt aus dem EU-Haushalt zusammengefaßt und dokumentiert. Die Kommission hat im März 1998 Beitrittsverhandlungen mit Ungarn, Polen, Estland, Tschechien, Slowenien sowie Zypern aufgenommen. Nach Anspruch der EU-Kommission berücksichtigt die Finanzielle Vorschau für die Jahre 2000 bis 2006 (Tab.) bei den Ausgaben Haushaltsdisziplin, Ausgabeneffizienz, Mittelbereitstellung für die Weiterentwicklung der Union und den Erweiterungsprozeß. Die Finanzielle Vorschau (jeweils in Preisen von 1999) für die Fünfzehnergemeinschaft sieht Mittel für Verpflichtungen (Ausgabenobergrenzen) im Gesamtbetrag von 644,7 Mrd. Euro vor, darunter 297,7 Mrd. Euro (46% des Gesamtbetrags der Mittel für Verpflichtungen) für die Gemeinsame Agrarpolitik (bei unveränderter Agrarleitlinie) und 213,0 Mrd. Euro (33%) für die Strukturpolitik. Für Hilfe zur Vorbereitung auf den EU-Beitritt (Heranführungsinstrumente PHARE, agrar- und strukturpolitisches Instrument) von Beitrittskandidaten sind über die Planungsperiode Verpflichtungen von 21,8 Mrd. Euro angesetzt., für vollzogene Beitritte ab 2002 bis 2006 ein zusätzlicher Beitrittsbetrag (für Landwirtschaft und sonstige Ausgaben der neuen EU-Länder) von 45,4 Mrd.Euro. Der Gesamtbetrag der Mittel für Zahlungen (voraussichtliche Abwicklung bestehender Verbindlichkeiten) beträgt für den gesamten Planungszeitraum 640,7 Mrd. Euro, die Obergrenze der Mittel für Zahlungen (einschl. des Beitrittsbetrags) 685,9 Mrd. Euro. Ihr Anteil am BSP der Fünfzehn schwankt zwischen 1,13% und 1,19% für die betreffenden Jahre. Die Eigenmittelobergrenze der Fünfzehnergemeinschaft ist mit jährlich 1,27% des BSP (bei einer angenommenen Wachstumsrate des BSP der 15 Mitgliedstaaten von jährlich 2,5%) angesetzt, so dass Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben bleibt. Das Eigenmittelsystem ist bis zum 1.1.2006 einer allgemeinen Überprüfung (einschl. der Frage nach Schaffung neuer autonomer Eigenmittel) zu unterziehen, wobei auch die Auswirkungen der Erweiterung zu berücksichtigen sind.
Agenda 2000 Ein indikativer Finanzrahmen der EU der Einundzwanzig (Arbeitshypothese sechs neue Mitglieder ab 2002) enthält von den Beitrittsstaaten stammende zusätzliche Eigenmittel und sämtliche Kosten für die Erweiterung von 2002 bis 2006, die mit Verpflichtungen von 58,1 Mrd. Euro verschlagt wurden (frür Landwirtschaft, Strukturmaßnahmen, interne Politik und Verwaltung der Beitrittsländer). Die Hilfe zur Vorbereitung für den Beitritt für die Jahre 2000 bis 2006 bleibt darüber hinaus weiterhin mit 21,8 Mrd. Euro im Ansatz. Für die EU der 21 beläuft sich der Gesamtbetrag der Verpflichtungen für die Jahre 2000 bis 2006 auf insges. 702,8 Mrd. Euro bei einer unveränderten Eigenmittelobergrenze von 1,27% des BSP der EU-21 (angenommene BSP-Wachstumsrate der Fünfzehn von jährlich 2,5% und der Beitrittsländer von 4,0%). Die Hoffnungen von Nettozahlern (v.a. Deutschland, Niederlande) auf mehr Beitragsgerechtigkeit wurden auf der Berliner Ratstagung nicht erfüllt. Großbritannien konnte seinen Beitragsrabatt behalten. Für Deutschland werden Entlastungen erst im späteren Verlauf der Planungsperiode und nur in bescheidenem Ausmass eintreten. Entlastungen der Nettozahler sind eher von an der Ausgabenseite ansetzenden Maßnahmen zu erwarten als über eine Umverteilung der EU-Beiträge. Für die Ausgabenobergrenze von 1,27% des BSP kann mit breiterer Zustimmung gerechnet werden, wogegen eine Stabilisierung der Ausgaben auf Widerstand v.a. südlicher Förderländer trifft. Weiter reichende Reformen in der Agrar- und Strukturpolitik als im Rahmen der Agenda 2000 werden zur Begrenzung der Ausgaben (auch im Hinblick auf die Osterweiterung) erforderlich. Auch sollte eine teilweise Renationalisierung beider Politikbereiche erwogen werden. Literatur: Europäische Kommission (Hrsg.), Agenda 2000: Eine stärkere und erweitere Union, Luxemburg 1997

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