Empfehlungen
A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   X   Y   Z  
  Home Top 10 Fachbereiche News Hilfe & FAQ
 

sozialistische Marktwirtschaft

Wirtschaftssystem, in dem versucht wird, ein marktwirtschaftliches Allokationssystem mit sozialistischem Eigentum an Produktionsmitteln sowie mit einer intensiven Marktregulierung durch den Plan oder über kooperative Absprachen zu verbinden. Sieht man von der kurzlebigen Episode der Neuen ökonomischen Politik (NEP) in der Sowjetunion Anfang der 20er Jahre ab, so repräsentiert das schrittweise seit 1950 reformierte jugoslawische Wirtschaftssystem die erste konkrete sozialistische Marktwirtschaft. Auch die 1965-68 in der CSSR durchgeführte und unter dem Begriff des -Prager Frühlings bekannt gewordene Wirtschaftsreform und der 1968 in Ungarn eingeführte "Neue Wirtschaftsmechanismus" bedeuten den Übergang von der Zentralverwaltungswirtschaft hin zur sozialistischen Marktwirtschaft. Den entscheidenden Wendepunkt bildet in allen genannten Reformen der Wegfall der verbindlichen Auflagen für die Betriebe. An deren Stelle tritt die Marktorientierung und Planimplementation mit indirekten Methoden. Die Einführung von Marktbeziehungen steht eindeutig im Widerspruch zu den von Karl Marx angedeuteten Prinzipien einer sozialistischen Ordnung, in der ein "gesamtgesellschaftlicher Plan" an die Stelle des "anarchischen Marktes" zu treten hat. Die Rückbesinnung auf den Markt lässt sich angesichts der grundsätzlich markt- und konkurrenzfeindlichen Programmatik des Marxismus-Leninismus nur als pragmatischer Ausweg zur Überwindung der schwerwiegenden Funktionsmängel der sozialistischen Zentralverwaltungswirtschaft erklären. Die sozialistischen Marktwirtschaften werden vielfach als "dritter Weg" bezeichnet. Dieser Begriff ist wegen der beträchtlichen Unterschiede zwischen den theoretischen und realisierten Konzeptionen wenig aussagefähig. Als grundsätzliche Varianten sozialistischer Marktwirtschaften sind die partizipatorische und die etatistische Konzeption unterscheidbar. Die wesentlichen Ordnungsprinzipien der partizipatorischen Konzeption sind —Arbeiterselbstverwaltung der vergesellschafteten Betriebe, Dezentralisierung der wirtschaftlichen und politischen Prozesse mit einer weitgehenden Entstaatlichung der Wirtschaft sowie einer vom Geist der Kooperation beherrschten Marktallokation. Die Funktionsweise einer partizipatorischen Konzeption lässt sich am Beispiel des jugoslawischen Wirtschaftssystems studieren. Dagegen wird in der etatistischen Konzeption eine Marktallokation auf der Grundlage staatlichen Eigentums am Produktivvermögen und umfassender staatlicher Regulierung der Wirtschafts- und Marktprozesse angestrebt. Staatseigentum impliziert, dass sich staatliche Instanzen die grundlegenden Verfügungs- und Nutzungsentscheidungen in den Betrieben, insb. die Aus- und Abwahl der Unternehmensleiter und die Investitionsentscheidungen, vorbehalten, während die laufende Verwaltung an die Betriebe delegiert wird, die sich sowohl an Markterfordernissen als auch an den wirtschaftspolitisch gesetzten Daten zu orientieren haben. Die Wirtschaftspolitik der indirekten Marktregulierung soll sich hauptsächlich über den mittelfristig konzipierten Volkswirtschaftsplan verwirklichen, dessen Hauptaufgabe die planmässig proportionale Verwendung des Nationaleinkommens für Konsum und Akkumulation ist, konkretisiert in speziellen Anteilen für individuellen und gesellschaftlichen Konsum sowie detaillierten Akkumulationsanteilen einzelner Branchen und Regionen. Funktionsweise und -ergebnisse der etatistischen Konzeption lassen sich am besten am Fall des  ungarischen Wirtschaftssystems studieren. Die Tatsache, dass Jugoslawien und Ungarn seit 1989 den Übergang zu privatwirtschaftlichen Marktwirtschaften anstreben, belegt die theoretisch begründeten Argumente über die systemimmanenten Funktionsmängel sozialistischer Marktwirtschaften.                Literatur: Leipold, H., Wirtschaftspolitische Konzeptionen sozialistischer Marktwirtschaften, in: Cassel, D. (Hrsg.), Wirtschaftspolitik im Systemvergleich, München 1984, S. 69 ff.  

Vorhergehender Fachbegriff: Sozialismus | Nächster Fachbegriff: sozialistische Planwirtschaft



  Diesen Artikel der Redaktion als fehlerhaft melden & zur Bearbeitung vormerken

   
 
 

   Weitere Begriffe : Informationsspeicherung | Treuerabatt | Debitorenumschlagsdauer

   Praxisnahe Definitionen

Nutzen Sie die jeweilige Begriffserklärung bei Ihrer täglichen Arbeit. Jede Definition ist wesentlich umfangreicher angelegt als in einem gewöhnlichen Glossar.

  Marketing

  Definition

  Konditionenpolitik

   Fachbegriffe der Volkswirtschaft

Die Volkswirtschaftslehre stellt einen Grossteil der Fachtermini vor, die Sie in diesem Lexikon finden werden. Viele Begriffe aus der Finanzwelt stehen im Schnittbereich von Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre.

  Investitionsrechnungen

  Marktversagen

  Umsatzsteuer

   Beliebte Artikel

Bestimmte Erklärungen und Begriffsdefinitionen erfreuen sich bei unseren Lesern ganz besonderer Beliebtheit. Diese werden mehrmals pro Jahr aktualisiert.

  Cash Flow

  Bausparen

  Fremdwährungskonto


     © 2023-2024 Wirtschaftslexikon24.com       All rights reserved.      Home  |  Datenschutzbestimmungen  |  Impressum  |  Rechtliche Hinweise
Aktuelles Wirtschaftslexikon