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Vorsichtsprinzip

Das Vorsichtsprinzip bezieht sich auf die allgemeinen Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung und Bilanzierung und fordert die vorsichtige Bewertung aller Chancen und Risiken, die mit der kaufmännischen Geschäftstätigkeit verbunden sind. Es ist das Prinzip der kaufmännischen Vorsicht bei Ausweis und Bewertung in der Bilanz. Es äussert sich u. a. in der Bildung offener Rücklagen durch Selbstfinanzierung, vor allem aber der stillen Reservenbildung, der Zugrundelegung des Niederstwert- und Imparitätsprinzips.

Es ist ein Bewertungsgrundsatz im Rechnungswesen. Das Vorsichtsprinzip betrifft die Einhaltung des Imparitätsprinzips (Antizipation künftiger Risiken und Verluste in einem niedrigeren Wertansatz) und des Realisationsprinzips. Er verlangt, dass die Vermögens- und Schuldenlage im Unternehmen aus Gründen des Gläubigerschutzes eher pessimistisch ausgewiesen wird. Daher gilt das Niederstwertprinzip für Aktiva bzw. das Höchstwertprinzip für Passiva, d.h., Aktiva sind grundsätzlich mit dem niedrigsten von mehreren möglichen Wertansätzen auszuweisen, Passiva grundsätzlich mit dem höchsten von mehreren möglichen.

Das Vorsichtsprinzip im engeren Sinne ist mit dem Grundsatz kaufmännischer Vorsicht identisch. Das Vorsichtsprinzip im weiteren Sinne umfaßt die vorsichtige Beurteilung zukünftiger Zahlungen. Danach dürfen beispielsweise in der Investitionsrechnung oder in der Finanzplanung die erwarteten Einzahlungen nicht zu hoch und die erwarteten Auszahlungen nicht zu niedrig angesetzt werden. Das Vorsichtsprinzip ist in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB kodifiziert. Es wird inhaltlich als Imparitätsprinzip und als Realisationsprinzip präzisiert.

Insbesondere im Zusammenhang mit den Grundsätzen, die bei der Bewertung der im Jahresabschluß ausgewiesenen Vermögensgegenstände und Schulden Anwendung finden, soll dem Vorsichtsprinzip Rechnung getragen werden. Es ist kodifiziert in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB und fordert eine vorsichtige Bewertung und Berücksichtigung namentlich aller vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlußtag entstanden sind, selbst wenn diese zwischen dem Abschlußtag und der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind. Gewinne sind nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlußtag realisiert sind.
Das Vorsichtsprinzip findet seinen inhaltlichen Niederschlag im Realisationsprinzip (für Vermögensgegenstände), Imparitätsprinzip, Niederstwertprinzip, Höchstwertprinzip (für Verbindlichkeiten).

(Grundsatz der Vorsicht, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) ein übergeordneter Grundsatz ordnungsmässiger Buchführung und Bilanzierung, der eine zurückhaltende Abschätzung der mit der Geschäftstätigkeit verbundenen Chancen und Risiken verlangt. Grundsätzlich soll die Rechnungslegung durch Bilanzierung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage geben (Generalklausel, Bilanzwahrheit, Bilanzklarheit). Die mit jeder Wertzumessung verbundene Unsicherheit macht es jedoch notwendig, dass der zur Rechenschaft Verpflichtete vorsichtigen Wertansätzen den Vorzug vor zu optimistischen Ansätzen gibt. Die Gefahr, den betrieblichen Erfolg zu hoch auszuweisen und somit finanzielle Mittel der Unternehmung durch überhöhte Entnahmen bzw. Ausschüttungen und Besteuerung zu entziehen, wird vermieden, wenn die Wertansätze im Bereich der Vermögensposten tendenziell nach unten, die Wertansätze im Bereich der Schulden tendenziell nach oben korrigiert werden. Das Vorsichtsprinzip berührt daher das Kernproblem der Bilanzierung und Bewertung: Es soll bei der Abschätzung des jeweils zutreffenden Wertansatzes im Hinblick auf den Ausweis und die Ausschüttung des Gewinns sowohl dem Gläubigerschutz als auch dem Eigeninteresse der Unternehmung Rechnung tragen. Mit dem Vorsichtsprinzip kann allerdings nicht eine Bewertung gerechtfertigt werden, die an sachlich nicht begründeten, willkürlichen oder rein subjektiven Risiken ausgerichtet ist (stille Rücklagen); vielmehr ist die Wertfindung an der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu orientieren.

Inhaltlich konkretisiert wird der Vorsichtsgrundsatz vor allem durch das Realisationsund das Imparitätsprinzip. Das Realisationsprinzip besagt, dass Erfolge erst dann ausgewiesen werden dürfen, wenn sie durch Umsätze verwirklicht (realisiert) sind. Die Vorsichtsüberlegung beruht demnach in der Negierung von blossen Erfolgsmöglichkeiten oder Erfolgserwartungen beim Absatz sowie im Ausschluss von nicht realisierten Wertsteigerungen bei Vermögenswerten, deren aktueller Marktwert über die Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinausgeht. Das Imparitätsprinzip (Prinzip der Verlustantizipation) schränkt das Realisationsprinzip bei erwarteten Verlusten ein und fordert, dass zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung bereits absehbare, jedoch noch nicht realisierte Verluste als Aufwand im Jahresabschluss zu berücksichtigen sind. Da Ertragsantizipationen unzulässig, Aufwandsantizipationen dagegen zwingend vorzunehmen sind, werden künftige, aus bereits eingeleiteten Dispositionen. erwartete Gewinne und Verluste ungleich behandelt. Damit verhindert das Imparitätsprinzip einen zu hohen Gewinnausweis mit der Gefahr ungerechtfertigter Ausschüttung und Besteuerung. Es dient primär dem Gläubigerschutz und ist gesetzlich sowohl im Niederstwert- als auch im Höchstwertprinzip verankert.

Das Niederstwertprinzip besagt, dass bei der Bewertung von aktiven Bilanzposten von zwei (oder mehreren) möglichen Wertansätzen am Bilanzstichtag jeweils der niedrigere anzusetzen ist. Das Niederstwertprinzip hat sich in den Rechnungslegungsvorschriften in zwei Ausprägungen niedergeschlagen: Während das sog. strenge Niederstwertprinzip für die Bewertung des Umlaufvermögens grundsätzlich den Ansatz eines niedrigeren Wertes erzwingt (§ 253 Abs. 3 HGB), darf — bei Kapitalgesellschaften muss — nach dem gemilderten Niederstwertprinzip bei der Bewertung des Anlagevermögens ein höherer Wert beibehalten, also von einer ausserplanmässigen Abschreibung abgesehen werden, sofern die Wertminderungen voraussichtlich nicht von Dauer sind (§§ 253 Abs. 2, 279 Abs. 1 HGB). Für die Bewertung von passiven Bilanzposten ist hingegen das Höchstwertprinzip heranzuziehen. Es besagt, dass bei der Bewertung von Verbindlichkeiten von zwei möglichen Werten der höhere Wert (Rückzahlungsbetrag) anzusetzen ist. Konkretisiert wird der Vorsichtsgrundsatz darüber hinaus durch das Wertaufhellungsprinzip, welches erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Jahresabschlussaufstellung bekanntgewordene Risiken bzw. Verluste zum Abschlussstichtag zu berücksichtigen verlangt (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).

Siehe weiter Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB), Realisationsprinzip, Imparitätsprinzip, Niederstwertprinzip, Höchstwertprinzip.

Literatur:
* Federmann, R., Bilanzierung nach Handelsrecht und Steuerrecht, 8. Aufl., Bielefeld.
* Knobbe-Keuk, B., Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 5. Aufl., Köln.
* Schildbach, Th., Der handelsrechtliche Jahresabschluss, 2. Aufl., Herne. Berlin.    

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