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Kommunikation und Kommunikationsfor­schung

Kommunikation steht für das menschliche Vermögen, die Ereignishaftigkeit der Welt durch den Tauschprozeß thematisierter Mit­teilungen zu reduzieren, und somit Unsi­cherheit zu absorbieren. Menschlichc Kom­munikation (Humankommunikation) ist kein gegebener, mechanisch ablaufender Prozeß, sondern eine Möglichkeit, die - un­ter näher zu bestimmenden psychischen, so­zialen, sachlichen und zeitlichen Bedingun­gen - erfolgreich und d.h. Wirklichkeit werden kann. Animalische, subanimalische (zelluläre) und rein technologische Kommu­nikationsformen bleiben deshalb außer Be­tracht. Information und Sinn sind die „Kernelemen­te“ erfolgreicher Kommunikation. Durch sie und andere „Elemente“ wird Kommunika­tion konstituiert, so dass Menschen verste­hen. Mehr noch: Humansysteme wie Per­sönlichkeit (psychisches System) und die unzähligen Formen sozialen Erlebens (so­ziale Systeme) produzieren und reproduzie­ren in Verbindung mit Körperlichkeit (bioti- sches System) menschliche Kommunikation. Damit Kommunikation zustandekommt, müssen sich erst Kommunikationspartner finden, die die zahlenmäßig nicht mehr er­faßbaren Weltereignisse reduzieren, selek­tieren und koordinieren. In jede Kommunikationssequenz gehen An­nahmen über Menschen und über die Gesell­schaft ein. Sie sind bewusst oder unbewusst präsent, wenn die Kommunikationswissen­schaft Probleme kommunikativer Möglich­keiten und die Chancen ihrer Verwirkli­chung zum Gegenstand von Forschung und Lehre macht. Waren es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorrangig die Massen­medien und die von ihnen verursachten Wir­kungen, die interessierten, so erweitert diese Disziplin etwa seit den vierziger Jahren ihren Horizont für die Theoriebildung. Indem sie neben Massenkommunikation andere Aus­schnitte kommunikativen Erlebens in den Blick nimmt, bricht die Kommunikations- wissenschaft mit ihrem traditionell unspe­zifischen Menschenbegriff. Galten lange Zeit Personen unausgesprochen als die „natürlichen“ Einheiten menschlicher Kom­munikation, so reduziert namentlich die Wirkungsforschung Personen auf psychi­sche Variablen (Meinungen, Einstellun­gen, Motive) und sie behandelt deren so­ziales Vermögen als eine Art Epiphänomen. Da Menschen als Personen in jeder Kommu­nikation so oder so dabei sind, indem sie per­sönliche Qualitäten (Stil, Spezialwissen) in die Kommunikation einbringen, die dort mitwirken, läßt sich die Person nicht weg­sozialisieren. Gilt die Aufmerksamkeit den sozialen, sachlichen und/oder zeitlichen Di­mensionen menschlicher Kommunikation, dann freilich werden psychisch-persönliche Aspekte im Kommunikationsprozeß zu­rückgenommen. Die soziale Dimension Als biotisch, psychisch und sozial differen­zierbare Systeme sind Menschen mehrfach, aber mit unterschiedlichen Anteilen in Kom­munikationssituationen inkludiert. In der sozialen Dimension thematisiert die Kom­munikationsforschung zunächst den Prozeß der Partnersuchc, der in der Gegenwarts­gesellschaft auf drei gut identifizierbaren Ebenen stattfindet: auf der Ebene der Gruppenkommunikation, der Organi­sationskommunikation und der Mas- sen(medien)kommunikation. Dafür liegen Wissensbestände aus unterschiedlichen Disziplinen vor (sozialer Einfluß). Die sachliche Dimension Gleichsam als Kernbereich der Kommunika­tion läßt sich das sachliche Vermögen der Menschen bestimmten, durch das die Ereig­nishaftigkeit der Welt symbolisch reduziert wird. Die traditionellen Modelle weisen für menschliche Kommunikation fünf getrennte Faktoren auf: Kommunikator, Vermitt­lungsmodus (Kanal), Mitteilung, Rezipient und Wirkung. Um eine Wechselseitigkeit der Kommunikation anzudeuten, kommt der Faktor Rückkopplung (feedback) hinzu. Da­durch blieben viele sachliche Elemente der Kommunikation unberücksichtigt oder wurden wie Epiphänomene behandelt. Neu­erdings wird der Sachverhalt Mitteilung ana­lytisch stärker aufgebrochen, was weitere, interdependent wirksame Kommunika­tionselemente bewusst macht (Marketing- Semiotik). Soll Kommunikation gelingen, ist stets die Wahl von Themen Voraussetzung. Themen (issues, topics, themes) grenzen Kommuni­kationsmöglichkeiten ein, indem sie bestim­men, was dazugehört und was nicht. Durch die in der Gruppen-, der Organisations- und in der Massenkommunikation beobachtbare Thematisierung (agenda setting) werden Spiel- und Entscheidungsräume für alterna­tive Mitteilungen eröffnet. Mitteilungen (messages) sind weitere Formen der Ereig­nisreduktion, die als sinnhafte Anregungen verbaler und nonverbaler Art fungieren. Heutzutage werden Mitteilungen durch vie­le technische, mechanische und elektroni­sche Symbolisierungen zu Daten, Texten und/oder Bildern und weiter zu Büchern, Zeitungen, Fernsehprogrammen oder Fil­men als eigenständigen publizistischen, wirt­schaftlichen und rechtlichen Gütern ausge­staltet. Trotz dieser Möglichkeiten der Manifestation fungieren Mitteilungen im Kommunikationsprozeß zuerst als Ver­anlasser, als Anreger. Informationen sind die Neuigkeitsaspekte der Mitteilungen. Informationen ereignen sich, wenn Menschen von Mitteilungen überrascht werden, indem sie in Mitteilun­gen Neues entdecken. Informationen sind nur einmal neu. Ihr Neuigkeitscharakter hängt vom Verstehen durch bestimmte Men­schen in bestimmten Situationen ab. Danach werden Informationen über kurz oder lang vergessen oder sie werden so oder so ins Ge­dächtnis eingebracht. Verstehen meint dann die Herstellung, die „richtige“ Verarbeitung und die Bestätigung von Informationen durch symbolisierte Sinnbestände (Wissen, Kenntnisse, Kompetenzen). Um erfolgreich zu sein, setzt Verstehen Sinn voraus. Sinn wird seinerseits zeitlich vorab gelernt und zwar durch verbale Symbole („sinnvolle“ Laute, Buchstaben, Zahlen) und durch non­verbale Symbole (Lächeln, Vogelzeigen, „beredtes“ Schweigen, Haarefärben;  non- verbale-Kommunikation). Menschen lernen ganze Symbolordnungen (Sprachen und Dialekte als Wort und Satzfolgen), ein­schließlichkulturspezifisch „richtiger“ Sinn­muster (Logiken, Grammatiken, Recht­schreibung, Grundrechenarten). Diese sozial institutionalisierten Sinnmuster regulieren bis auf weiteres besagte Symbolordnungen. Versuchen derart „kultivierte“ Menschen si­tuativ zu verstehen, dann nehmen sie Bezug auf symbolisierte Sinnbestände (reference) und aktivieren zudem das persönliche bzw. organisatorische Gedächtnis. Mehr noch: Kommunikationspartnerunterstellen ein ge­meinsames Sinn-Niveau. Sie koppeln voraus (feedforward), dass die anderen schon verste­hen werden. Ob tatsächlich verstanden wird, darüber holen Kommunikationspartner - wo situativ möglich - metakommunikative Bestätigung (confirmation) ein („Haben Sie mich verstanden?“). In der Massenkommu­nikation ist die Rückkopplung als Bestäti­gung schwach ausgeprägt und nur zeitver­setzt (Leserbriefe, Telefonanrufe) möglich (Nachkaufkommunikation). Die zeitliche Dimension Zeit durchzieht alle menschliche Kommuni­kation und wird in allen Kommunikationsse­quenzen miterlebt. Evolutionär betrachtet ist Kommunikation ohne Anfang und ohne Ende. Mit sozial institutionalisierten Zeit­messern (Kalender, Uhr) wird Zeit konsens­fähig und berechenbar. Selektierte Themen und Mitteilungen können in ein Nacheinan­der geordnet und „der Reihe nach“ kommu­niziert werden. Gleich Arbeit, Geld oder Macht wurde Zeit in der westlich bestimm­ten Welt eine knappe, d.h. zu bewirtschaf­tende Kommunikationsressource. Sozial konstant gesetzte und planbare Zeit wird mit anderen knappen Ressourcen mengenhaft in Relation gebracht (Zeitkosten, Zeitarbeit, Macht auf Zeit). Sie kann bewirtschaftet (Zeitmanagement), aber auch vergeudet wer­den. Tempo ist der Ausdruck der Verflech­tungen von Zeit mit anderen knappen Res­sourcen (Norbert Elias, 1939). Mit Blick auf Uhr und Kalender können Tempoprobleme durch trainierbare Präzisierung der Sinn­strukturen (sekundengenauer Beginn stünd­licher Nachrichtensendungen), durch Be­schleunigung der Informationsverarbeitung (durch Computerrecherche und Gedächt­nistraining) und damit durch besseres Ver­stehen kurzfristiger gelöst werden. Persuasion und Manipulation Persuasion (Überzeugung, Überredung) ist eine zweckorientierte, i.d. R. asymmetri­sche, nach Kommunikatoren und Rezipien­ten differenzierte Kommunikationsform, die beabsichtigt, bei anderen bestimmte Wirkungen zu erzielen. Insbesondere psy­chische Prädispositionen (Meinungen, Ein­stellungen, Motive) und soziale Strukturen (Sinnmuster, Normen, Werte) sind Ziele die­ser Beeinflussungsabsichten. Zudem besteht bei Persuasion die latente Absicht, Rezipien­ten zu bestimmten Anschlußhandlungen zu veranlassen. Neben den allgemeinen Vorbe­dingungen der Kommunikation hängen die durch Persuasion beabsichtigten Wirkungen von mediatisierenden Faktoren ab: bei Kom­munikatoren von Glaub Würdigkeit, Ver­trauen, Sozialprestige, Alleinstellung; bei Rezipienten von psychisch-sozialen Prä­dispositionen, mittelfristig erlangter „Resi­stenz“ u.a. Persuasion kann zu Mani­pulation werden, sind die Chancen der Rezipienten, „sich zu wehren" radikal mini- miert. Manipulatoren sind Kommunikato­ren mit der Absicht, Rezipienten die Mög­lichkeiten des Durchblicks zu verbauen. Historisch tritt Persuasion in der Antike mit der Rhetorik auf, die in der Renaissance wie­derbelebt wird. Unter den Bedingungen heu­tiger Massenkommunikation ist Persuasion auf der Kommunikatorseite als berufliche Arbeit organisiert. Die latente Intention, durch Persuasion Anschlußhandlungen aus­zulösen, wird unterschiedlich manifest: in Journalismus und Public Relations (Öf­fentlichkeitsarbeit) weniger; in Wer­bung, Persönlichem Verkauf, Agitation und Propaganda sehr viel stärker.

Literatur:  Berger, Cb.R.; Cbaffee, S.H. (Hrsg.), Handbook of Communication Science, Newbury Park, London 1987. Burkart, R., Kommunika­tionswissenschaft, Wien, Köln 1983. Goldhaber G.M.; Barnett, G.A. (Hrsg.), Handbook of Or- ganizational Communication, Norwood, N.J. 1988. Rühl, M. (Hrsg.), Kommunikation und Er­fahrung, Nürnberg 1987. Silbermann, A., Hand­wörterbuch der Massenkommunikation und Me­dienforschung, 2 Bde., Berlin 1982.

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