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Beschaffungslogistik

Die Beschaffungslogistik stellt die Verbindung zwischen der Distributionslogistik der Lieferanten und der Produktionslogistik des beschaffenden Unternehmens dar. Zu ihr gehören alle Aktivitäten, die einer bedarfsgemäßen, d.h. nach Art, Menge, Qualität, Raum, Zeit und Kosten (6r der Logistik) abgestimmten Bereitstellung der für die betriebliche Leistungserstellung benötigten Materialien dienen. Die Beschaffungslogistik ist von Beschaffung und Einkauf abzugrenzen. Unter Beschaffung versteht man im Allgemeinen alle Maßnahmen, welche die Versorgung des Unternehmens mit den zur Leistungserstellung benötigten, nicht selbsterstellten Inputfaktoren des periodisch wiederkehrenden Bedarfs zum Gegenstand haben. Der Begriff „Beschaffung“ wird häufig als Oberbegriff für Einkauf und Beschaffungslogistik verwandt, wobei der Einkauf die Sicherstellung der rechtlichen Verfügbarkeit (Erschließung, Pflege und Entwicklung der auf dem Beschaffungsmarkt vorhandenen Bezugsquellen) und die Beschaffungslogistik die Sicherstellung der körperlichen Verfügbarkeit (Bereitstellung im Sinne der 6r der Logistik) der Beschaffungsgüter zur Aufgabe hat. Zum Teil werden die Begriffe „Einkauf“ und „Beschaffung“ aber auch synonym verwandt.


1. Abgrenzung Beschaffungslogistik ist sowohl Teil des  Beschaffungsmanagements als auch der  Logistik, lässt sich insofern als Schnittmenge dieser beiden betriebswirtschaftlichen Bereiche begreifen und grenzt sich speziell vom Beschaffungsmarketing ab. Es gibt zwar auch sehr weite Auffassungen des Begriffes, die Beschaffungslogistik und Beschaffungsmanagement weitgehend gleichsetzen. Hier werden aber Aufgabenfelder wie Beeinflussung der Beschaffungsmärkte, Beschaffungsmarktforschung, Gestaltung der rechtlichen und sozialen Beziehungen zu den Lieferanten sowie Fragen der Entgeltpolitik und Zahlungsbedingungen ausgeklammert, da sie dem Beschaffungsmarketing zugeordnet werden. Sie sind allerdings als Rahmenbedingungen für die Beschaffungslogistik und ihre dispositive Abwicklung zu berücksichtigen. Unter Beschaffungslogistik ist also die Planung, Gestaltung und Steuerung der ein Untemelunen versorgenden Güterflüsse und der begleitenden Informationsflüsse zu verstehen.
2. Strategischer Rahmen a) Raumüberwindung und Zeitüberbrückung Das grundlegende Problem der Beschaffungslogistik ist die Raumüberwindung, wenn die bedarfsde-ckenden Güter im Beschaffungsprozess noch nicht am Verbrauchsort zur Verfügung stehen. So ist es Aufgabe der Beschaffungslogistik, die vom Beschaffungsmarketing (Einkauf) gekauften Bedarfsgüter termingerecht bereit zu stellen! Die Zeit ist daher als zweite strategische Dimension der Beschaffungslogistik zu beachten: Neben der Termintreue und dem Zeitverbrauch der Logistikprozesse (Transportie-ren, Umschlagen, Produzieren etc.) sind auch Fragen der Zeitüberbrückung zu berücksichtigen, die sich als Unterbrechung von Güterflüssen oder Lagerhaltung darstellen. b) Sourcingkonzepte beeinflussen die Beschaffungslogistik tiefgreifend: So wird ein Bedarf beim  single sourcing aus nur einer Quelle gespeist, während bei  multiple sourcing zahlreiche  Lieferrelationen von der beschaffungslogistik zu steuern sind.   Global Sourcing, aber auch ein  Outsourcing führen oft zu grösserer Entfemung und Komplexität, was ebenso höhere Anforderungen an die Beschaffungslogistik stellt wie das modular sourcing, bei dem die Beschaffungsgüter wesentlich komplexer, meist varianten- und umfangreicher (grösser, schwerer) werden. Bei   Forward sourcing sind bereits lange vor der eigentlichen Lieferung grundlegende beschaffungslogistische Entscheidungen zu treffen. c) Optimierung Oberstes Gebot ist das beschaffungslogistische Optimum: Es fordert, das richtige Gut in der richtigen Menge und Qualität zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben und die daraus resultierenden Kosten zu minimieren. Es hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer Vision zu einem unverzichtbaren Anspruch an die reale Beschaffwigslogistik entwickelt.
3. Gestaltungsintensität Ähnlich wie das Beschaffungsmarketing von einer einfachen Ausübung der Nachfrage auf dem beschaffungsmarkt bis z-u weitgehender Einflussnahme auf Produktpolitik und Prozessgestaltung der Lie-feranten reicht, bildet auch die Gestaltungsintensität der Beschaffungslogistik ein weites Spektrum:
(1) Wenn Untemehmen ihre physische Versorgung komplett den Lieferanten, Intermediären oder Lo-gistikdienstleistern überlassen (Pushprinzip, siehe   Bringprinzip) kann man kaum von Beschaf-fungslogistik sprechen. Sie beschränkt sich dann auf den   Wareneingang und die innerbetriebli-che Logistik zum Verbrauchsort, es gibt wenig Steuerungsmöglichkeiten.
(2) Mit der Vorgabe bzw. Vereinbarung von genauen Lieferterminen sowie evtl. Transportmittel- und Verpackungsvorschriften beginnt dann die Einflussnahme auf die versorgenden Lieferströme, oft aber nur um die Belastung von Wareneingang und Lager zu steuern.
(3) Der Übergang vom   Bringprinzip („Push”) hin zum   Holprinzip („Pull”) markiert dann die Existenz einer aktiven Beschaffungslogistik. Sie strebt an, die Versorgung selbst gezielt zu organi-sieren und dabei regelmässig auch die Kosten zu übernelunen („ab Werk” oder „unfrei”- Konditionen). Dies kann sowohl über einen eigenen Fuhrpark wie auch über Netzwerke von Lo-gistikdienstleistern (Vertrags- bzw. Gebietsspediteure) erfolgen.
(4) Weitergehend lässt sich in einer strategisch ausgerichteten Beschaffungslogistik Einfluss auf die Gestaltung der gesamten   Lieferrelationen nehmen, in dem neben genauen Anlieferterminen, exakten Abrufmengen und -frequenzen verstärkt auch Abholtermine, Transportmittel- und Stre-ckenwahl sowie Transportdauem zeitnah gesteuert werden. Auch dabei können Logistik-dienstleister helfen, evtl. sogar die Netzwerkkoordination übernehrnen.
4. Disposition der Mengen und Termine bildet die zentrale operative und permanente Aufgabe der Beschaffungslogistik, die die strategischen Anforderungen erst ermöglicht. Dabei sind verschiedene Mengen-Zeit-Beziehungen zu beachten und grob drei Möglichkeiten (Versorgungsprinzipien) zu unterscheiden: a) Lieferung der Bedarfs-/Bestellmenge liegt vor, wenn der - meist für eine längere Periode, einen umfassenden Auftrag oder ein Projekt - fest-gestellte Bedarf in der bestellten Menge und rechtzeitig vor dem ersten Bedarfstermin geliefert wird. Die bedarfsgerechte Verteilung geschieht dann regelmässig aus einem internen Lager (siehe auch   Lagerwirtschaft). Bei einer eher passiven Beschaffungslogistik ist dies die Regel, ansonsten aber für das ganze Spektrum der Gestaltungsintensität möglich. b) Liefereinteilung bedeutet, dass ein Bedarf, eine Bestellung bzw. Kontraktmenge auf mehrere Lieferungen und Liefer-termine verteilt wird. So lässt sich z.B. ein Jahres-, Quartals- oder Monatsbedarf wöchentlich oder häu-figer ausliefern, um Lagerhaltung zu reduzieren. Dabei kann es sich um eine
(1) gleichmässige Auftei-lung handeln, so dass nach dem Schema Gesamtmenge = (Zahl der Lieferungen) x (fixe Liefermenge) gerechnet wird oder
(2) die zu liefernde Menge kann variieren, was einen rechtzeitigen Abruf oder eine rollierende Feinplanung erfordert. Ideal für die Liefereinteilung sind eine aktive Beschaffungslogistik sowie Ansätze einer   Logistikintegration. c) Just in time (JIT) bedeutet eine sehr zeitnahe Lieferung, die also weder zu früh noch zu spät erfolgt. Typischerweise geht sie nicht in ein Lagerhaus, sondern wird möglichst nah am Verbrauchsort bereitgestellt, was zwar auch zu Lagerhaltung führt, die aber nur sehr kurz dauert (zu Details und weiteren Differenzierungen siehe Just-in-time-Lieferung (JIT-Lieferung)). JIT setzt eine hohe Bereitschaft voraus, die Beschaffungslogistik strategisch zu gestalten und aktiv zu steuern sowie eine weitreichende  Logistikintegration mit den JIT-Lieferanten einzugehen.
5. Fazit Der Aufbau strategischer beschaffungslogistischer Systeme wie auch die Disposition nach dem JIT-Prinzip sind vor allem bei kontinuierlichen und vom Bedarf her gut planbaren Lieferbeziehungen sinn-voll. Daneben verbleiben stets auch schlechter beeinflussbare Lieferrelationen. Die notwendige Diffe-renzierung sollte aber nicht dem Zufall entspringen, sondern Ergebnis von strategischen Entscheidungen sein, die z. B. auf einer  ABC/X17-Analyse (Wert und Frequenz) basieren, und daneben Gesichtspunkte wie Transportmittelauslastung, Entfernung usw. berücksichtigen. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe  Beschaffungsmanagement,  Distributionslogistik, Einkaufscontrolling,  Electronic Procurement,  IndustriemanagementLagerwirtschaft,  Lagerhalftnespolitik,  Logistik (Logistikmanagement),  MateriallogistikMaterialwirtschaftOptimierung,  Outsourcing,   Produktionsmanagement,   Prozessanalyse, Supply Chain Management.

Literatur: Berning, Ralf: Grundlagen der Produktion, Produktionsplanung und Beschaffungsmanagement, Berlin 2002; Bloech, Jürgen: Beschaffungslogistik, in: Kern, Werner; Hans-Horst Schröder; Jürgen Weber (Hrsg.): Handwörterbuch der Produktionswirtschaft (HWProd), 2. Aufl., Stuttgart 1996, Sp. 246-254; Bloech, Jürgen: Beschaffungslogistik, in: Vahlens grosses Logistik Lexikon, hrsg. von Jürgen Bloech und Gösta B. Ihde, München 1997, S. 69-72; Boutellier, Roman; Alwin Locker: beschaffungslogistik, München Wien 1998; Eichler, Bernd: Beschafftnesmarketing und -logistik, Her-ne/Berlin 2003; Piontek, Jochem: Bausteine des Logistikmanagements, Herne/Berlin 2003; Pfohl, Hans-C.: Logistiksysteme, Berlin/Heidelberg/New York 2003; Taschenbuch der Logistik, hrsg. von Reinhold Koether, München/Wien 2004; Wildemann, Horst: Das Just-in-time Konzept, Frankfurt/M. 1988. Internetadressen: www.ba-expert.de; www.bemalog.de; www.bme.de; www.bvl.at; www.bvl.de; www.elalog.org; www.competence-site.de/beschaffung.ust vvwvv.einkauf. ch; www.klog.unisg.ch; www.logistik-heute.de; www.logistik-inside.de; www.logistik-lexikon.de; www.logistik-online.ch; www.logistics.de; www.sgl.ch; www.vnl.at.  

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