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potentialorientierte Kreditpolitik

von Claus KÖHLER (1970) konzipierte und vom Sachverständigenrat weiter entwickelte, aber nicht weiter verfolgte, monetäre Strategie zur Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung. Ziel ist es, die monetären Voraussetzungen zu schaffen, damit das Produktionspotential von der monetären Gesamtnachfrage gerade ausgeschöpft wird. Monetäres Korrelat zur wirtschaftlichen Aktivität ist das Zahlungsvolumen, gemessen als Summe der giralen Verfügungen der Nichtbanken in einer Periode. Veränderungen des Zahlungskoeffizienten (Quotient aus Zahlungsvolumen und monetärer Nachfrage) stehen für Veränderungen des Anteils nicht nachfragewirksamer Zahlungen am Zahlungsvolumen. Ist der Zahlungskoeffizient im Zeitverlauf konstant, so fordert die potentialorientierte Kreditpolitik die Gleichheit der Zuwachsraten von Produktionspotential, monetärer Gesamtnachfrage und Zahlungsvolumen. Das Zahlungsvolumen muss mehr oder weniger stark steigen als das Produktionspotential, wenn der Zahlungskoeffizient steigt bzw. fällt. In diesen Fällen sind die monetären Voraussetzungen für das Erreichen der gesamtwirtschaftlichen - Ziele gegeben. Eine stärkere monetäre Expansion führt zu einem inflatorischen, eine geringere zu einem deflatorischen Prozeß. Potentialanalyse, Nachfrageanalyse und monetäre Analyse bilden die Grundlagen für die Kreditpolitik. Die Potentialanalyse zeigt, wie sich das reale Güterangebot im Projektionszeitraum voraussichtlich entwickeln wird. Die Nachfrageanalyse hat zu ermitteln, welches Nachfragewachstum erforderlich ist, um die Angebotskapazitäten voll auszulasten. Bestehende Unterauslastungen der Kapazitäten und unvermeidliche Preissteigerungen sind dabei zu berücksichtigen. Die monetäre Analyse zeigt, welche monetären Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der in der Potential- und Nachfrageanalyse vorgezeichnete Wirtschaftsablauf von der Finanzierungsseite her gesichert wird. Die potentialorientierte Kreditpolitik unterscheidet zwischen monetärem Ziel und Steuergröße der Kreditpolitik. Monetäres Ziel ist die Kreditgewährung der Geschäftsbanken an Nichtbanken, die Steuerung der - Geldmenge ist kein integraler Bestandteil des Konzepts; sie wird als nicht (direkt) beeinflußbar erachtet. Die zusätzliche Kreditgewährung ist so zu bemessen, dass unter Berücksichtigung dreier Erfahrungsvariabler die angestrebte Zuwachsrate des Zahlungsvolumens erreicht wird. Diese Erfahrungsvariablen, die von der Zentralbank nicht kontrolliert werden können, spiegeln Änderungen des Verhaltens von Banken und Nichtbanken wider. Steigt die Einlagenkreditrelation, so wachsen die Forderungen der Nichtbanken gegenüber den Banken stärker als die Kreditgewährung der Banken an Nichtbanken. Eine zunehmende Liquiditätsneigung indiziert, dass Nichtbanken Spar- und Termindepositen in Sichtdepositen umschichten; eine erhöhte Umlaufgeschwindigkeit des Geldes deutet auf vermehrten Einsatz der vorhandenen Geldbestände für Zahlungen hin. Das Wachstum des Zahlungsvolumens ist identisch mit der Summe der (exponentiellen) Zuwachsraten der zusätzlichen Kreditgewährung, der Einlagenkreditrelation, der Liquiditätsneigung und der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (monetäre Grundgleichung). Nimmt etwa im Zeitverlauf die Wachstumsrate einer Erfahrungsvariablen zu, so ist entsprechend das monetäre Ziel (die zusätzliche Kreditgewährung) zu reduzieren. Steuergröße ist der - Liquiditätssaldo; das ist der Umfang der liquiden Mittel der Banken. Hieran setzen die Instrumente der Zentralbank an. Transmissionsmechanismus, der die Beziehung zwischen Steuergröße, Zahlungsvolumen und monetärer Nachfrage herstellt, ist die Kreditverfügbarkeit. Zusätzlich werden i.d.R. parallele Zinseffekte wirksam (Kreditkostenmechanismus). Die potentialorientierte Kreditpolitik steht in der Tradition anderer wirtschaftspolitischer Konzeptionen, die sich ebenfalls an der Entwicklung des Produktionspotentials ausrichten, so der Monetarismus und das Konzept des konjunkturneutralen Haushalts des Sachverständigenrates. Die Deutsche Bundesbank orientierte sich bis Ende 1998 bei der Bestimmung ihrer monetären Zielgröße, dem Zuwachs der Geldmenge M3, am - Produktionspotential. Sie berücksichtigte ferner angestrebte Änderungen seines Auslastungsgrades, die unvermeidliche Preissteigerungsrate und Änderungen der Umlaufgeschwindigkeit. Die Europäische Zentralbank verfolgt gleichfalls eine potentialorientierte Strategie, legt allerdings Wert darauf, kein striktes Geldmengenziel vorzugeben, sondern lediglich einen Referenzwert zu bestimmen, der dem pflichtgemäßen Ermessen der verantwortlichen Träger der Geldpolitik genug Spielraum beläßt, den jeweils aktuell richtigen Weg zum bindend vorgegebenen Ziel der Preisstabilität einzuschlagen. Kritisiert wird am Konzept der potentialorientierten Kreditpolitik hauptsächlich, dass die tautologische monetäre Grundgleichung nicht befriedigend mit Theorien über die Erfahrungsvariablen aufgelöst wird, die Nachfrageseite des Finanzierungsprozesses weitgehend unberücksichtigt bleibt und Preis- und Mengenreaktionen im Übertragungsprozess in nur unzulänglicher Weise berücksichtigt werden. Finanzinnovationen, die Globalisierung und Deregulierung der - Finanzmärkte haben dazu beigetragen, Zinswirkungen geldpolitischer Maßnahmen wieder in den Vordergrund des Interesses zu rücken. Literatur: Köhler, Cl. (1977). Honeck, G. (1975). Stirnberg, L. (1975)

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