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Geldwertstabilität

Konstanz des Preisniveaus bzw. der Kaufkraft des Geldes, eines der Elemente des "magischen Dreiecks" und nach dem Stabilitätsgesetz eines der Ziele der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Stabile Preise werden von der Stabilitätspolitik deshalb angestrebt, weil sie psychologische, allokative und distributive Funktionen bestmöglich erfüllen helfen. Geldwertstabilität wird einerseits als Selbstzweck angestrebt, trägt also Zielcharakter. Sie ist — in subjektiver Sicht — Voraussetzung individueller Zukunftsvorsorge. Die materielle Sicherheit wird in Gefahr gesehen, wenn die Inflation droht, das Ersparte und das laufende Einkommen anzugreifen. Solange das Geld allgemein Vertrauen findet, als wertbeständig gilt (Wertaufbewah- rungsfunktion), wird es im Tausch gegen Waren und Dienste angenommen (Tauschmittelfunktionen). Wird aber befürchtet, dass es bedeutend an Wert (Kaufkraft) verlieren wird, dann beginnt die Flucht in die Sachwerte. Geldwertstabilität soll die Allokationsfunktion des Marktes sichern helfen. Ökonomische Entscheidungen verlangen Voraussicht, insb. Transparenz über das zukünftige Preisniveau, um zeitlich differierende Zahlungsströme vergleichen zu können. Die Beschaffung von Preisinformationen lohnt sich mit zunehmender Inflation kaum noch, da sich die Preislisten dann in schneller Folge ablösen. Preisvergleiche werden zudem durch ständiges, aber nicht gleichzeitiges Ändern der Preise konkurrierender Anbieter erschwert. Die Übersicht geht verloren. Der Preiswettbewerb wird dadurch wesentlich geschwächt. Die Inflation lässt überdies die Gewerkschaften nach immer kürzeren Laufzeiten der Tarifverträge rufen. Die Lohnschübe und mit ihnen die Preisanpassungen folgen in kürzer werdenden Abständen aufeinander und beschleunigen die Inflationsspirale. Anders formuliert: Stabilität kann nur solange als gewahrt gelten, wie der beginnende inflatorische Prozess die Verhaltensweisen (noch) nicht tangiert hat. Um die Allokationsfähigkeit des Marktes zu erhalten, muss deshalb Preissteigerungen eine Grenze dort gesetzt werden, wo sie die Verhaltensweisen der Wirtschaftssubjekte ändern (gekennzeichnet durch den Begriff "Flucht in die Sachwerte"), denn dann stören sie den gesamtwirtschaftlichen Allokations- prozess (die knappheitsgerechte Lenkung der Produktionsfaktoren). Gravierend beeinträchtigt wird die Allokationsfähigkeit auch im "monetären Vorfeld" der Investitionsentscheidung. Gläubiger wie Schuldner werden durch inflationsbezogene Zinsrisiken belastet, die Liquidität am Geldmarkt binden und damit dem Kapitalmarkt und den dort kreditsuchenden Investoren vorenthalten. Der strukturell bzw. wettbewerblich bedingte "harte Kern" von Preissteigerungen, der sich nur durch beträchtlichen rezessiven Druck beseitigen liesse, wird i.d.R. aus der Definition des konjunkturpolitischen Zieles herausgenommen. Von Preisniveaustabilität wird dann solange gesprochen, wie die Preissteigerungsrate einen bestimmten Prozentsatz, der dem "harten Kern" entspricht, nicht übersteigt oder - alternativ - solange die minimale Preissteigerungsrate, die ohne Gefährdung der Vollbeschäftigung erreichbar ist, nicht überschritten wird. In anderen Ländern (etwa in Frankreich) wird die Definition der preispolitischen Aufgabe auf das Ziel des Handelsbilanzausgleichs (in einem System stabiler Wechselkurse) bezogen. Stabilität wird dann als erreicht angesehen, wenn die Preise nicht stärker steigen, als im gewogenen Durchschnitt der Aussenhandelspartner.    Literatur: Teichmann, ü., Grundriss der Konjunkturpolitik, 4. Aufl., München 1988.

bezeichnet das Ziel der Wirtschaftspolitik, den inneren Geldwert konstant zu halten, und zwar in dem Sinne, dass sich je nach Marktverhältnissen zwar ständig die einzelne Preise und Preisrelationen verändern, aber das Preisniveau, d.h. der gewogene Durchschnitt der Preise, auf seiner Höhe verharrt. Dieses Ziel steht neben der Forderung nach hohem Beschäftigungsstand, stetigem und angemessenem Wachstum und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht im sog. magischen Viereck der Wirtschaftspolitik. Fraglich ist, ob Geldwertstabilität nur bei völliger Stabilität des Preisniveaus vorliegt oder ob man auch bei mäßigen jährlichen Geldwertveränderungen (±2%) noch von Geldwertstabilität sprechen kann, wie es meist geschieht. Denn solche Geldwertveränderungen können schon in den Meßungenauigkeiten der Preisindizes begründet sein. Außerdem treten mäßige Veränderungen des Preisniveaus mangels Flexibilität der Preise nach unten notorisch im Gefolge von an sich wünschenswerten Verschiebungen im Preisgefüge auf. Einigkeit herrscht darüber, dass eine singuläre Beeinträchtigung der Geldwertstabilität (z.B. durch Umsatzsteuererhöhung) weniger problematisch ist als ein andauernder, schleichender oder gar sich beschleunigender Prozeß. Die Haltung gegenüber Inflation und Deflation ist unterschiedlich. Deflation entwickelt sich z.B. bei gesamtwirtschaftlicher Nachfrageschwäche, und sie wird als besonders gefährlich eingeschätzt, wenn Unternehmensverluste einen circulus viciosus in Gang setzen. Auch unter außenwirtschaftlichen Einflüssen, z.B. bei Preisrückgängen auf den Rohstoffmärkten, kann die Wirtschaft in einen Teufelskreis der Deflation geraten. Währungsaufwertungen, oft selbst Folge wirksamer Stabilisierungsmaßnahmen, tragen durch verbilligten Import und erleichterten Export über niedrigere inländische Angebotspreise zur Stabilisierung bei. Es kann aber leicht passieren, dass sich das Wechselkurs-Preiskarussell weiter dreht und die Schwelle zur Deflation überschritten wird. Die Verurteilung der Inflation folgt aus der Einsicht, dass ständige Preisniveausteigerungen die Verteilungsposition derjenigen Gruppen schwächen, deren Marktmacht nicht ausreicht, ihre Einkommensforderungen der Inflationsrate anzupassen. Zu diesen Gruppen gehören die Besitzer v.a. kleiner Geldvermögen und diejenigen Bezieher von Lohn-, Gehalts- und Renteneinkommen, die allenfalls mit zeitlichen Verzögerungen ihre Einkommensforderungen an gestiegene Preise anpassen können. Allerdings steckt oft auch politische Absicht dahinter: Die Rechtsgemeinschaft unterbindet Indexierungen und hindert die Bürger daran, sich in Eigeninitiative vor Verteilungsnachteilen zu schützen, weil sie der von solchen Abwehrmaßnahmen stimulierten Ausbreitungs- und Beschleunigungsgefahr (Ölflecktheorie bzw. Schwungradtheorie) entgegentreten will. Neben dem Verteilungsargument wird für die Geldwertstabilität ins Feld geführt, dass inflationäre Preissteigerungen das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen, weil aufgrund der sich dauernd wandelnden Berechnungsgrundlagen keine optimale Allokation der Ressourcen möglich erscheint. Dabei muss jedoch zwischen schleichender und rasch voranschreitender, v.a. sich beschleunigender Inflation ein Unterschied gemacht werden. Die Theorie der »optimalen Inflation« instrumentalisiert mäßige Inflation sogar im positiven Sinn für Wachstumsinteressen. Es scheint den Vertretern dieser inflationsfreundlichen Richtung nicht ausgeschlossen, dass Gewinne, seien es auch inflatorische Scheingewinne, ein gewisses Wachstumsstimulans enthalten. Auch lassen sich vielleicht distributive Korrekturen bei nominal gleichen oder sogar steigenden, doch in den Relationen sich ändernden Einkommensbeträgen reibungsloser bewirken. Allerdings müssen allfällige, i.d.R. kurzfristige Inflationsgewinne gegen spätere, u.U. langfristige Nachteile aufgerechnet werden. Solche Nachteile stellen sich unvermeidbar bei Disinflationsmaßnahmen ein, und sie sind i.d.R. schwerwiegend. Im Ergebnis ergibt sich bei nüchterner Abwägung vermutlich ein Negativsaldo. Unter geldtheoretischen Gesichtspunkten wird unterstrichen, dass Geldhaltung nach Maßgabe der Opportunitätskosten kostspielig ist. Zu Inflationszeiten steigen diese Opportunitätskosten. Die Nominalzinsen werden angehoben, weil ein Ausgleich für den erwarteten Kaufkraftverlust von Gläubigern gefordert und von Schuldnern konzediert werden. Es erhöhen sich darüber hinaus aber auch die Realzinsen, weil sich das Inflationsrisiko in einer Prämie niederschlägt. Somit verteuert sich die Geldhaltung, und es geht die Nachfrage nach (realer) Geldmenge zurück. Die Folge ist ein Verzicht auf Geldnutzen, d.h. auf Vorteile des Umgangs mit gesundem Geld. Die Diskussion zur Phillipskurve hat schließlich gezeigt, dass eine im Verlass auf Geldillusion durch Inflation erreichbare Absenkung des Reallohn- und Realzinsniveaus zweifelhaft ist und bestenfalls ein beschäftigungs- und wachstumspolitisches Strohfeuer entfachen kann. Über kurz oder lang werden die Zusammenhänge von allen Beteiligten erkannt. Dann gehen zunächst Inflationserfahrungen, bald aber auch schon Inflationsängste in Lohn- und Zinsverträge ein. Mit ihnen wird ein gegenwärtiger Inflationsprozess noch weit in die Zukunft übertragen und zur Inflationsgeißel. Disinflation ist, wenn überhaupt möglich, außerordentlich kompliziert und schmerzhaft. Auch die oft herausgestellten Inflationsgewinne des Staates aufgrund »kalter Progression« der Besteuerung (härterer Steuerzugriff bei nominal, nicht aber real ansteigender Steuerbasis; absinkender Real- wert von Freibeträgen etc.) sind in Frage zu stellen, jedenfalls aber illegitim, weil sie nicht auf demokratischem Konsens beruhen. Die Nebenwirkungen sind besonders schädlich. Da die Unternehmensrechnungen kraft Rechtsrahmens auf Bewertung zu Anschaffungspreisen beruhen, werden inflationistische Scheingewinne besteuert, und die Unternehmensrendite sowie die Unternehmensersparnis fallen ab. Die daraus resultierende Schädlichkeit für das wirtschaftliche Wachstum ist beträchtlich und langwierig. Darum ist die Überzeugung verbreitet, dass mit Geldwertverschlechterung auf Dauer keine gute Politik gemacht werden kann. Leider darf man sich auf solche Einsicht nicht verlassen: Die Abschreibungsrate auf den Wissensvorrat einer Gesellschaft ist hoch, und erreichte Stabilität bildet, weil die Erinnerung an die Drangsal von Inflation und Deflation erlischt, eine ernsthafte Gefahr für das Stabilitätsbewußtsein. Literatur: Giersch, H. (1977). Gahlen, B., Schneider, H. K. (1974). Sachverständigenrat (1967). Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1996.

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