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Jahresabschluss nach schweizerischem Recht


1. Besonderheiten des schweizerischen Buchführungs- und Rechnungslegungsrechts Die schweizerische Gesetzgebung zum Buchführungs- und Rechnungslegungsrecht zeichnet sich durch verschiedene Besonderheiten aus: · Eine geringe Regelungsdichte und dementsprechend grosse Freiräume für die rechenschaftspflich­tige Unternehmungsleitung bei der Gestaltung des Jahresabschlusses. · Die Differenzierung nach Rechtsformen durch allgemeine Grundsätze für alle buchführungspflich­tigen Organisationen (OR 957 - 963) und erhöhte Anforderungen an die Kapitalgesellschaften (OR 662 - 670) und besondere Wirtschaftszweige (Banken, Versicherungen, Transportunternehmen). · Das weitgehende Fehlen von Legaldefinitionen. · Die im Gegensatz zum True and fair view-Konzept stehende Grundsatznorm „des möglichst si­cheren Einblicks in die wirtschaftliche Lage” und damit verbunden die Zulässigkeit von stillen Absichts- oder Willkürreserven. · Die vom Gesetzgeber an private Gremien delegierte Festlegung der Rechnungslegungsnormen für börsenkotierte Aktiengesellschaften.
2. Das allgemeine Buchführungsrecht Das allgemeine Buchführungsrecht von 1936 (!) mit Anpassungen 1975 und 2002 regelt · die Pflicht zur Buchführung: Diese ergibt sich aus der Pflicht zur Eintragung im Handelsregister (OR 957). · den Umfang der Buchführungspflicht: Die Geschäftsbücherverordnung 2002 verlangt zwingend ein Hauptbuch, bestehend aus Konten und dem Journal, sowie je nach Art und Umfang des Ge­schäfts Hilfsbücher. · die Bilanzierungspflicht. Unter diesem Begriff im Randtitel von OR 958 wird eine Abschlussrech­nung, bestehend aus Inventar, Bilanz und Betriebsrechnung am Schluss eines Geschäftsjahres ge­fordert. Unglücklich ist der Begriff der Betriebsrechnung. Im Aktienrecht 1991 wird der betriebs­wirtschaftlich korrekte Begriff der Erfolgsrechnung verwendet. Weder für die Erfolgsrechnung noch die Bilanz bestehen im allgemeinen Buchführungsrecht Gliederungsvorschriften. Die im Randtitel zu OR 959 von der Bilanz geforderten Eigenschaften „Bilanzwahrheit und -klarheit” werden im Gesetzestext näher umschrieben. Als Wertansatz der Aktiven gilt, vorbehaltlich von abweichenden Bestimmungen im Aktienrecht „höchstens der Wert, der ihnen im Zeitpunkt, auf welchen die Bilanz errichtet wird, für das Ge­schäft zukommt” (sog. Geschäftswert). Dieser entspricht nach der Lehre in der zeitgemässen be­triebswirtschaftlichen Terminologie dem Nutzwert. Die Beeinflussung des ausgewiesenen Jahres­erfolgs durch Bildung und Auflösung stiller Reserven ist unbeschränkt zulässig.
3. Das spezielle Buchführungsrecht Das spezielle Buchführungsrecht regelt Buchführung und Jahresabschluss von bestimmten Rechtsfor­men, nämlich Aktiengesellschaften (OR 662-670), GmbH (OR 801) und Kommanditaktiengesellschaf­ten (OR 764) sowie von bestimmten Wirtschaftszweigen. Mehr als die Hälfte der im Handelsregister eingetragenen buchflihrungspflichtigen Unternehmen wer­den in der Rechtsform der AG oder der GmbH geführt, weshalb den vom allgemeinen Buchführungs­recht abweichenden Bestimmungen für die AG (welche auch für die GmbH gelten) besondere Bedeu­tung zukommt. Das Rechnungslegungsrecht der AG konkretisiert anstelle der schwammigen „allge­mein anerkannten kaufmännischen Grundsätze” (OR 959) die Grundsätze ordnungsmässiger Rech­nungslegung (OR 662a) und legt für Bilanz und Erfolgsrechnung eine Mindestgliederung fest (OR 663 und 663a). Als dritter Bestandteil der Jahresrechnung wird zwingend ein Anhang vorgeschrieben (OR 663b). Unter den zwölf vorgesehenen Angaben (14 für börsenkotierte Gesellschaften) fehlt leider die Vorschrift, dass die Bewertungsgrundsätze offen zu legen sind. Die Vorschriften für die Konzernrechnung sind sehr knapp. Sie regeln insbesondere die Pflicht zur Erstellung (OR 663e). Die aktienrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften 1991 entsprechen nicht mehr den Transparenzan­sprüchen der Investoren. Unter dem Druck des Finanzmarktes haben die grossen börsenkotierten Ge­sellschaften internationale Regelwerke (IFRS oder  US-GAAP) übernommen, was wegen der li­beralen Regelung des Aktienrechts für die Konzernrechnung ohne weiteres möglich war. Es ist nicht zuletzt die lückenhafte gesetzliche Regelung, welche 1984 Anlass zur Errichtung der Stif­tung für Empfehlungen zur Rechnungslegung als Träger eines privaten Rechnungslegungsgremiums FER — seit 2001 als  Swiss GAAP FER bezeichnet — gegeben hat, welche schwergewichtig Stan­dards zur Konzemrechnung erlassen hat. Diese hat — in Abweichung zum Aktienrecht — ein den tat­sächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns (True and fair view) zu vermitteln (FER 2/1).
4. Vorschläge zur Neuregelung der Rechnungslegung Unter dem Einfluss der internationalen Entwicklung hat der Bundesrat im Dezember 2005 beschlossen, im Zusammenhang mit den Bemühungen zur Verbesserung der   Corporate Governance auch das Rechnungslegungsrecht umfassend zu reformieren. Kernpunkt des Gesetzesvorentwurfs ist in Überein­stimmung mit der Neuordnung der Revisionspflicht die rechtsformenneutrale Regelung zur „Buchfilh­rung und Rechnungslegung”. Die neuen Vorschriften (32. Titel des OR: Die kaufmännische Buchfüh­rung) sollen grundsätzlich für alle Rechtsträger des privaten Rechts gelten, enthalten jedoch klar diffe­renzierte Anforderungen je nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens, des Vereins oder der Stiftung. Abgrenzungskriterium ist die Verpflichtung zu einer ordentlichen Abschlussprüfung, wel­che beim Überschreiten von zwei von drei Kriterien (10 Millionen Franken Bilanzsumme, 20 Millionen Franken Umsatzerlös und 50 Vollzeitstellen) erforderlich ist. Grössere Unternehmen haben wegen ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung anspruchsvollere Bestimmungen zu beachten, z.B. zusätzliche Anfor­derungen an den Geschäftsbericht, Erstellen einer Geldflussrechnung und eines Lageberichts. Die klei­neren Unternehmen können sich dagegen bei der jährlichen Geschäftsberichterstattung auf die Jahres­rechnung, bestehend aus Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang, beschränken. Das neue Rechnungslegungsrecht wird frühestens 2009 in Kraft treten, wobei die neuen Bestimmungen erstmals für das Geschäftsjahr Anwendung finden, das zwei Jahre nach Inkrafttreten beginnt. Für die Konzernrechnung beträgt die Übergangsfrist sogar drei Jahre. Hinweis Zu den angrenzenden Wissensgebieten siehe   Abschlusserstellung nach US-GAAP,  Beteiligungs­controlling,   Bilanzanalyse,  Internationale Rechnungslegung nach IFRSKapitalflussrechnung (deutsches Recht),  Konzernabschluss (deutsches Recht),  Portfoliomanagement,   Risikocontrol­ling,  SanierungsmanagementSonderbilanzen (deutsches Recht),   Steuerrecht, Internationales (deutsches Recht),  Swiss GAAP FERWährungsmanagement.

Literatur: Behr, G.: Rechnungslegung (Zürich 2005); Boemle, M./Lutz, R.: Der Jahresabschluss (Zü­rich 2006); Bossard, E.: Kommentar „Die kaufmännische Buchführung” (Zürich 1984); Dellmann, K.: Bilanzierung nach neuem Aktienrecht (Bern, Stuttgart, Wien 1996); Käfer, K.: Kommentar „Die kauf­männische Buchführung”, 2 Bände (Bern 1981); Meyer, C.: Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen (Zürich 2002); Meyer, C.: Konzernrechnung (Zürich 2006); Treuhandkammer: Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Band 1 (Zürich 1998).  

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