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Stakeholder-Ansatz

Das Unternehmen hat bei seinen Entscheidungen mehrere Einflussfaktoren zu beachten, nicht nur die Shareholder (Shareholder-Ansatz), sondern auch die Öffentlichkeit, den Staat, Mitarbeiter und Umweltverbände und muss deren Interessen berücksichtigen.

Beim Stakeholder-Ansatz wird davon ausgegangen, dass das Management bei seinen im Rahmen der Unternehmensführung getroffenen, geschäftspolitischen Entscheidungen die Interessen aller mit dem Unternehmen in Verbindung stehender Anspruchsgruppen (= Stakeholder) berücksichtigt. Es lassen sich prinzipiell interne (z.B. Geschäftsführung, Mitarbeiter) und externe (z.B. Kunden, Gläubiger) Anspruchsgruppen unterscheiden. In der Praxis hat sich, hierzu in Opposition stehend, ein weiterer Ansatz, der Shareholder Value-Ansatz, etabliert.

Während die traditionelle Unternehmensführung von einem interessenmonistischen Grundkonzept getragen wurde, nach dem die Führung ausschließlich an den Interessen der Anteilseigner auszurichten ist (Shareholder Value), konnte man schon frühzeitig vereinzelte Ansätze zu einer Erweiterung der Perspektive feststellen. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde durch das Auseinanderfallen der Unternehmerfunktion in Eigentum und Verfügungsgewalt, also durch das Einbeziehen externer Manager, die nicht gleichzeitig Anteilseigner waren, eine zweite Interessengruppe in die Betrachtung einbezogen. Wesentlich später wurde diese Perspektive noch um die Interessen anderer Gruppen erweitert, die als legitimierte Anspruchsgruppen anerkannt wurden.

In diesem interessenpluralistischen Verständnis sind die EntScheidungsprozesse im Unternehmen darauf zu richten, die Interessen der Anteilseigner bzw. der Eigenkapitalgeber ebenso zu beachten wie die Interessen vielfältiger anderer Gruppen, z.B. Fremdkapitalgeber, Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften, Umweltschutzgruppen, Kommunalbehörden und Staat, ßie Ziele dieser Gruppen stimmen jedoch nur teilweise überein, so dass es Aufgabe der Unternehmensführung ist, einen Interessenausgleich herbeizuführen (vgl. Machar-zma, 1999, Stakeholder-Ansatz 7ff.). Scholz (2000b, Stakeholder-Ansatz 71) schlägt dazu ein Stakeholder-Scannmg vor, das in drei Schritten ablaufen kann:

1. Auflistung möglicher Interessengruppen.

2. Charakterisierung der Interessengruppen hinsichtlich ihrer Ziele, ihrer

Macht sowie des Risikos, das sie durch die Unternehmenshandlungen tragen. 3. Bestimmung der Relevanz: Erst durch eine entsprechende Zielhöhe und/oder ein bestimmtes Einsatzrisiko wird eine Interessengruppe zum Stakeholder. Zusätzlich ist auch eine adäquate Machtbasis notwendig.

Dieses Stakeholder-Scanning stellt ein systematisches Durchsuchen und Analysieren der Umwelt in Hinsicht auf die relevanten Interessengruppen dar.

In der tatsächlichen Situation der Unternehmen findet heute noch eine nur geringe Berücksichtigung von verschiedenen Interessengruppen statt; allenfalls Arbeitnehmervertreter sind direkt an den Unternehmensentscheidungen beteiligt.

Als Stakeholder wird jemand bezeichnet, der bestimmte Ansprüche geltend macht. Aus der Sicht des Unternehmensmanagements (Management) sind Stakeholder Personen oder Personengruppen, die an das Unternehmen gewisse Ansprüche stellen, unabhängig davon, ob diese rechtlich fundiert sind oder nicht. Man kann verallgemeinernd Stakeholder auch als Interessengruppen (engl. pressure groups) bezeichnen, die ein Unternehmen dazu bewegen wollen, ihre Interessen zu wahren. So gesehen ist ein Unternehmen eine Art Agentur oder Koordinationsinstanz, die versuchen muss, den vielfältigen, teilweise sich widersprechenden Interessen vieler Anspruchsberechtigter gerecht zu werden. Die moderne Betriebswirtschaftslehre bedient sich daher auch des sog. Agency nsatzes (siehe auch Principal gent Theorie), der ebendiesem Umstand Rechnung trägt, dass Unternehmen heutzutage soziale Gebilde sind, die die Ansprüche der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen befriedigen sollen. Das noch in der traditionellen und von der neoklassischen Unternehmenstheorie geprägten Betriebswirtschaftslehre vorherrschende eindimensionale Unternehmensbild, wonach ein Unternehmen eine homogene Entscheidungseinheit darstellt (Entity nsatz), muss damit als überholt betrachtet werden. Welches sind nun die Stakeholder eines Unternehmens? Zu nennen sind die Shareholder (Shareholder Value), die aufgrund ihrer Kapitaleinlage (Einlagen) am Unternehmen beteiligt sind (3 Beteiligung), die Kreditgeber (9 Gläubiger) des Unternehmens, also insbesondere Kreditinstitute, die das Unternehmen mit Fremdkapital versorgen, die Mitarbeiter, die Kunden, die Lieferanten, die «Öffentlichkeit», repräsentiert durch staatliche Organe, etc. Zumindest bei oberflächlicher Betrachtung sind die Interessen der verschiedenen Stakeholder durchaus unterschiedlich, ja sogar konfliktär. Der Shareholder legt Wert auf eine möglichst hohe Kapitalrentabilität (Rentabilität) bei möglichst geringem Investitionsrisiko (Risiko), die Gläubiger sind hingegen an pünktlicher Bedienung ihrer 4 Forderungen interessiert, die Mitarbeiter beanspruchen Arbeitsplatzsicherheit, angenehme Arbeitsbedingungen und ein möglichst hohes Arbeitsentgelt, die Kunden wollen hochwertige Waren zu günstigem Preis, die Lieferanten legen Wert auf einen verlässlichen, zahlungskräftigen Kunden, die Öffentlichkeit der «Staat» ist an sicheren, ggf. gesunden Produkten, an einer günstigen Entwicklung der lokalen und regionalen Infrastruktur (infolge der Ansiedlung des Unternehmens), an einem hohen Steueraufkommen und wiederum an sicheren Arbeitsplätzen interessiert. Der angebliche Interessenkonflikt zwischen Shareholdern einerseits und den übrigen Stakeholdern andererseits ist teilweise im Zuge einer vorwiegend emotional geführten Diskussion heftig eskaliert. Insbesondere dann, wenn die Shareholder dem Shareholder Value Maximierungsprinzip huldigen, wird der Vorwurf erhoben, es finde eine «kapitalistische» Ausbeutung der übrigen Stakeholder statt. Das Gegenargument der Shareholder lautet dann regelmäßig, dass ein Unternehmen, das nach maximaler Steigerung des Unternehmenswertes strebt, gut beraten sei, die Interessen der übrigen Stakeholder peinlich genau zu berücksichtigen. Im Falle der Kunden eines Unternehmens ist dies in der Tat überzeugend, denn kein Unternehmen kann sich dauerhaft leisten, an den Kundeninteressen vorbei zu agieren; der Shareholder Value würde hierdurch massiv reduziert. Auch wird ein kluges Personalmanagement (9 Personalmarketing, Personalwirtschaft) auf zufriedene Mitarbeiter achten, denn nur dann ist mit leistungssteigernder Motivation und hohem Engagement zu rechnen. Es gibt durchaus Beispiele, in denen vorbildliche soziale Einrichtungen bewusst als Instrument zur Leistungs und damit auch Shareholder Value teigerung eingesetzt werden. Auch wird sich ein vorausschauend planendes Unternehmen kaum scheuen, Umweltschutzmaßnahmen zu ergreifen, wenn hierdurch die Umwelt geschont wird, auch wenn solche Maßnahmen zweifellos teuer sind: Auf diese Weise kann das Unternehmen nicht nur (zeitraubende und kostspielige) Konflikte mit Urnweltschützern, Umweltbehörden usw. vermeiden, sondern auch bewusst ein positives Image, das sich z. B. in einer «guten Presse» widerspiegelt, aufbauen. In Theorie und Praxis ist immer wieder die Frage gestellt worden, ob die von Stakeholdern geltend gemachten Ansprüche überhaupt zu Recht erhoben werden. Im Falle der Shareholder, die durch Unternehmensbeteiligungen als «Berechtigte» ausgewiesen werden, ist die Frage eindeutig positiv zu beantworten. Dies mag die dominante Rolle, die Shareholder innerhalb «ihres» Unternehmens beanspruchen, zumindest zum Teil rechtfertigen. Die sonstigen Stakeholder, die möglichen «Anspruchsgegner», haben hier zumeist eine deutlich schwächere Position, zumindest im juristischen Sinne. Was ein Gläubiger fordern kann, ist im Kreditvertrag festgelegt, nämlich Verzinsung (Zinsen) und planmäßige Rückzahlung des bereitgestellten Fremdkapitals, mehr nicht. Wenn manche Banken glauben, Mitspracherechte im Hinblick auf die Unternehmenspolitik zu haben, ist dies zumindest aus dem bestehenden Kreditvertragsverhältnis heraus nicht zu begründen, wenngleich die Bank an einer solchen Mitsprache durchaus ein Interesse haben kann. Bei den Mitarbeitern liegen die Dinge ähnlich: Ihre Ansprüche sind im juristischen Sinne abschließend in den Arbeitsverträgen (Tarifvertrag) geregelt. Weiter gehende Ansprüche, etwa auf Mitsprache bei Geschäftsentscheidungen, bestehen nicht, abgesehen von einer eventuell möglichen indirekten Mitsprache über den Betriebsrat. Ähnliches kann man für den «Staat» sagen, der gewisse, rechtlich begründete Ansprüche (Abführung von Steuern, Einhaltung von Umweltschutzbestimmungen etc.) geltend machen, darüber hinaus aber wenig fordern kann. Oder doch? Tatsache ist, dass durchaus oft weiter gehende, rechtlich nicht begründete, Forderungen gestellt werden. Häufig wird argumentiert, hier bestünden sog. implizite Kontrakte, die zwar nicht einklagbar seien, die sich aber aus stillschweigend verabredeten Verhaltensregeln ergeben. R. Coase hat als einer der Ersten auf den zwischen Stakeholdern bestehenden teilweise impliziten vertraglichen Zusammenhang (engl. nexus of contracts), den er transaktionskostentheoretisch zu begründen versuchte, hingewiesen. Außerdem kann man versuchen, die Beziehungen, die zwischen Stakeholdern bestehen, aufgrund existierender «Property Rights» zu verstehen, die jedoch nur vage zu umschreiben und daher nur selten justiziabel sind. Trotzdem tut ein Manager gut daran, das feingliedrige Netz von Property Rights zu beachten und im Rahmen des Möglichen nach konsensualen Regelungen zu suchen. Als hilfreich hierbei hat sich auch der systemtheoretische Ansatz der Managementlehre erwiesen, wobei ein Unternehmen als eingebunden in ein komplexes System begriffen wird. Nimmt man die bestehenden Vernetzungen ernst, dann wird hierdurch der eigene Anspruch maßgeblich relativiert, mehr noch: Es wird deutlich, dass die Durchsetzung eigener Ansprüche an systembedingte Grenzen stößt, deren Missachtung die Durchsetzung der eigenen Ansprüche ernsthaft gefährden kann.

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